Frauenwahlrecht – ein Meilenstein in der Demokratieentwicklung

„Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten wurde“, so Marie Juchacz, die erste Frau, die im Reichstag 19.02.1919 erstmals eine Rede hielt, nachdem sie im Januar 1919 in die Weimarer Nationalversammlung gemäß dem am 30. November 1918 gesetzlich eingeführten Frauenwahlrecht gewählt worden war. Jahrhunderte ohne politische Mitbestimmung lagen vor diesem denkwürdigen Ereignis. Außer Finnland (1906) und Norwegen (1913) war bis dahin in noch keinem europäischen Land das aktive und passive Wahlrecht für Frauen in Verfassungen verbrieft. Ab 1918 konnten sich aber auch österreichische, polnische, lettische und luxemburgische Frauen über diesen Weg der politischen Beteiligung freuen, andere Länder wie die Niederlande (1919) , Schweden (1921), Großbritannien (1928), Spanien (1931), Frankreich (1944), Ungarn, Slowenien und Bulgarien (1945), Italien (1946), Griechenland (1952), die Schweiz (1971), Portugal (1974) und Lichtenstein (1984) folgten erst später in Europa, was manche Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen und der Oberstufe, die die Ausstellung  im Atrium besuchten, erstaunte.

Nun konnten sich Frauen selbst aktiv oder, durch Frauen vertreten, wirkungsvoll für die Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Situation einsetzen: Für die

  • Aufnahme des Art.3, Absatz 2 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ ins Grundgesetz vom 8. Mai 1949, an dessen Formulierung Elisabeth Selbert, eine der „Mütter des Grundgesetzes“ maßgeblich beteiligt war.
  • Abschaffung des so genannten  „Gehorsamsparagraphen“ am 18. Juni 1957, der die Frauen bisher ans Haus und an den Herd fesselte. Vor allem Elisabeth Schwarzhaupt, die erste Ministerin für Gesundheitswesen (ab 1961) setzte sich für die Streichung dieses noch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch des Deutschen Kaiserreichs stammenden Paragraphen ein.
  • 2. Reform des § 218 (StGB) am 26.04.1974 mit der Fristen- , ab 1976 der Indikationslösung; erstritten durch die Proteste der Frauenbewegung in den 68er Jahren.
  • Reform des Ehe- und Familienrechts im Juni 1976, am 1. Juli 1977 in Kraft tretend, die die Erwerbstätigkeit der Frauen und das Scheidungsrecht gesetzlich regelte. In Familiengerichten sollten Zuwiderhandlungen für Frauen und Männer einklagbar sein.

Frauen wie Heide Simonis (ab 1993 die erste Ministerpräsidentin der Bundesrepublik), Rita Süssmuth (ab 1985 die erste Familienministerin), Angela Merkel (ab 2005 die erste Bundeskanzlerin) öffneten sicher Türen, zumindest als Vorbilder, für Frauen, die sich politisch engagieren wollten und wollen. Vor allem aber Frauen wie Frieda Nadig (1897-1979), Elisabeth Selbert (1896-1986), Helene Weber (1881-1962) und Helene Wessel (1898-1969) muss für ihre entscheidende Mitgestaltung am Text des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat gedankt werden.