Über Mobbing sprechen – die Macht der Täter brechen – Elternabend zum Thema “Mobbing”

Mobbing, so Frau Dr. Kees vom Schulpsychologischen Beratungszentrum Wittlich und Referentin des Elternabends, stelle eine der häufigsten Formen von Gewalt dar. Man spreche von Mobbing, wenn ein “Kräfteungleichgewicht” zwischen Täter und Opfer bestehe, aus dem der gemobbte Mensch nicht ohne Hilfe von außen herauskomme. Von Mobbing [aus dem Engl.: to mob = schikanieren] spreche man zudem, wenn der Machtmissbrauch des Täters regelmäßig erfolge, was zu einer ständigen Anspannungssituation beim Betroffenen mit weitreichenden psychischen und sozialen Folgen führe, denn aggressives und gezieltes Mobbing könne jederzeit und vollkommen überraschend erfolgen.

Man unterscheide, so Frau Dr. Kees, bei Mobbing als einer Form systematischer Gewaltausübung zwei Formen:
a) die direkte Form, die vor allem Jungen als Täter wählten: Die Täterschaft sei offensichtlich, eine klare Konfrontation für andere sichtbar: Hefte werden zerrissen, Eigentum zerstört, Turnbeutel entwendet …
b) die indirekte Form, die vor allem Mädchen favorisierten: die Täterschaft sei unklar, es handele sich, so Frau Dr. Kees, um “Beziehungsgewalt” durch Ausgrenzen des Opfers etwa: Auf dem Schulhof drehen sich z.B. auf einmal alle weg, wenn der/die Gemobbte kommt.

Cybermobbing unterscheide sich im Vergleich zum Mobbing in realen Kontexten dadurch, dass es überall indirekt erfolgen könne, ein unüberschaubar großes Publikum könne Teil des Mobbingsystems werden. Gerade wenn Kinder unbeaufsichtigt im Internet unterwegs seien, fielen Erwachsenen als Kontrollinstanzen, die eingreifen könnten, aus, die Anonymität des Netzes senke die Hemmschwelle des Täters zudem. Die Dunkelziffer im Bereich “Mobbing/Cybermobbing” sei leider auch sehr hoch: Mobbingopfer schämten sich oft, suchten die Schuld bei sich selbst, hätten Angst vor Racheaktionen, trauten Erwachsenen – die sich nur schwer einen Überblick über die Mobbingsituation verschaffen könnten, da Täter im Verborgenen agierten – angemessene Hilfe oft nicht zu, offenbarten sich, wenn überhaupt, zuerst Gleichaltrigen und ersehnten sich gerade von ihnen Unterstützung, die selten effektiv erfolgen könne, da die Handlungskompetenz fehle.
In den letzten Jahren sei zu beobachten, dass sich Mobbingvorfälle im Jugendalter zeitlich immer weiter nach vorne verschöben: Ab dem Zeitpunkt, ab dem Kinder ein Handy hätten, könnten sie potentiell Mobbingopfer werden. Umso wichtiger sei es im schulischen Kontext, schon ab der 5. Klasse am besten, Räume zu schaffen, in denen über Mobbing gesprochen werden könne und präventiv Unterstützungsmöglichkeiten eingeübt werden könnten. Präventionsarbeit sei also elementar, um Mobbing zu stoppen. Auch Lehrer und Eltern, da selten ausreichend informiert und selten reaktionserfahren genug, um hilfreich einzugreifen, müssten im Kompetenzerwerb unterstützt werden. Im schulischen Rahmen müsse eine klar definierte Wertekultur, gemeinsames und einheitliches Handeln gelebt und für Schüler sichtbar und erlebbar werden, Konzepte gegen Mobbing, “Handlungswissen” also anstatt “Insellösungen”, entwickelt und gemeinsam angestrebt werden, damit Schüler Lehrkräften zutrauten, ihnen effektiv helfen zu können.

Was kennzeichnet Mobbing darüberhinaus?
Mobbing sei zudem ein Gruppenphänomen. Es gebe Mobber und Mitläufer, der engere aktive Kreis also, dann die meist größere „Verstärkergruppe” des Mobbers, zudem die Gruppe der passiven Zuschauer, dann die kleine Gruppe der Helfer, die bereit wären, das Mobbing-Opfer zu schützen. Gerade die Gruppe der Helfer müsste in der Präventionsarbeit gestärkt und handlungskompetent gemacht werden, um aktiv gegen Mobbingprozesse vorzugehen, denn Mobbing erfolge in Gruppen mit gruppeninternen Normen, meist von einer sehr kleinen Gruppe innerhalb der Gesamtgruppe gesetzt, sodass jeder, der der Gruppennorm nicht entspreche, zum potentiellen Mobbingopfer werden könne. Ein musikalisch hochqualifiziertes, aber sportlich weniger interessiertes Kind etwa könne in einer Gruppe mit Sportbegeisterten schnell zum Mobbing-Opfer werden; potentiell somit jeder, falls mit Gruppennormen nicht konform. Gruppennormen seien jedoch von Gruppenmitgliedern umdefinierbar, vor allem durch die “Helfer”, um so die Macht und Profilierungssucht der Täter zu brechen. Gerade die Helfer-Gruppe müsste deshalb gestärkt werden, müsste Vertrauen fassen zu handlungskompetenten Erwachsenen, um sich hier aktiv Unterstützung zu holen.
Frau Dr. Kees führte im Anschluss aus (vgl. PPT anbei), wie verheerend die Folgen von Mobbing auf der körperlichen, aber auch psychischen Ebene sind. Auch neurobiologisch nachweisbar hätte Mobbing gravierende Folgen: Der Hormonspiegel im Bereich der Stresshormone verändere sich bei permanenter Angst vor Mobbingattacken, so dass bei aktiver Ausgrenzung etwa von den Betroffenen massive körperliche Schmerzen empfunden würden.

Was können Eltern tun?
Mobbingauswirkungen seien durch Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen beim eigenen Kind beobachtbar. Eltern sollten in solchen Fällen mit der Schule des eigenen Kindes zügig Kontakt aufnehmen, um eventuell im schulischen Kontext stattfindendes Mobbing so schnell als möglich zu stoppen! Die permanente Anspannung des betroffenen Kindes könne durch positive Erfahrungen und emotionale Unterstützung zuhause und in Vereinen etwa, vor allem aber durch sportliche Aktivität (Jiu Jitsu etwa) aufzulösen versucht werden. Auch therapeutische Unterstützung durch Kinderjugendtherapeuten sei ein sinnvoller Weg, um aus dem Kreislauf der Schuldzuweisung, der “festgefahrenen Rolle im Kopf” herauszukommen.

Der dankenswerterweise von Frau Dr. Kees zur Verfügung gestellte Vortrag Mobbing -Elternkompetenz Cusanus Gymnasium, der sich zu lesen lohnt, erweitert anschaulich und nachvollziehbar die während des Elternabends dargestellten Zusammenhänge.
Frau Dr. Kees danke für das Zurverfügungstellen der PPT und danke fürs Kommen.