Pubertät: Hilfreiche Schutzfaktoren

Kompetent und umfassend informierte der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Peter Brettle die anwesenden Eltern zum Thema „Pubertät“. Mit vielen Beispielen aus der eigenen Erfahrungspraxis veranschaulichte Herr Brettle zunächst den Begriff der Pubertät, in deren Verlauf nicht nur körperliche und geschlechtliche Entwicklungsaufgaben bewältigt werden müssten, sondern zudem gesellschaftsadäquates Rollenverhalten von den Jugendlichen reflektiert und angeeignet werden müsse. Auch die Entwicklung von Ideen, wie die eigene Zukunft zu gestalten und was an Werten relevant ist, sei eine notwendige Entwicklungsaufgabe. Vor allem aber finde ein für die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung unerlässlicher Ablöseprozess von den Eltern statt.

Auch auf Eltern kämen viele Herausforderungen zu: Werte, die Eltern vorgäben und im besten Fall auch vorlebten, würden von den eigenen Kindern einem „Praxistest“ unterzogen, „auf die Probe gestellt“, woraus sich notwendigerweise Konfliktfelder und Reibungspunkte ergäben. Nicht nur die Diskussion über Kleidung und Hygiene, Ausgehzeiten und Familienregeln, sondern vor allem das Infragestellen von allem, was bisher im familiären Kontext Gültigkeit hatte, enthalte Konfliktpotenzial.

Absolute No-Gos in der Bewältigung dieser Konflikte seien aggressive Verhaltensweisen (Angriff- oder Verteidigungsstrategien), Nachgiebigkeit zur Vermeidung von Konflikten oder gar das Aussitzen von Konflikten. Absolut notwendig sei hingegen die Bereitschaft und innere Einstellung auf Elternseite, die Konflikte wirklich lösen zu wollen und auch zu können, zudem Aufrichtigkeit und Echtheit im Umgang mit den Jugendlichen und der Wille, die eigenen Kinder wirklich verstehen zu wollen. Stabile Konfliktlösungen fänden zudem immer auf der Beziehungsebene statt: Wenn Kinder Wertschätzung (gerne auch einmal explizit ausgesprochen) und Ehrlichkeit erführen, dann helfe das entscheidend zum Erreichen von Konfliktlösungen, die lange Bestand hätten.

Gesprächsmuster wie das folgende könnten beim Aushandeln von Kompromissen hilfreich sein:

a) Was stört mich, was stört dich?
b) Was wünsche ich mir, was wünschst du dir?
c) Wie können wir das erreichen?
d) Wozu kann ich mich verpflichten, wozu kannst du dich verpflichten?

Gegen Ende des Vortrags nannte der Referent folgende Schutzfaktoren, mit denen Jugendliche gut durch die mitunter stürmische Zeit der Pubertät kommen könnten:

1. eine stabile emotionale Beziehung zu mindestens einem Elternteil oder einer anderen Bezugsperson
2. ein emotional positives, unterstützendes und strukturgebendes Erziehungsklima
3. Rollenvorbilder für ein konstruktives Bewältigungsverhalten bei Belastungen
4. soziale Unterstützung durch Personen außerhalb der Familie
5. die Übernahme dosierter sozialer Verantwortlichkeiten
6. Temperamentsmerkmale wie Flexibilität und Annäherungstendenz (was bedeutet, sich zu trauen, bei Problemen und anderen Fragestellungen auf andere zuzugehen)
7. ein aktives und nicht nur reaktives oder vermeidendes Bewältigungsverhalten bei Belastungen
8. Erfahrungen der Sinnhaftigkeit und Struktur in der eigenen Entwicklung

Im Anschluss an den gelungenen Elternabend, für den wir uns sehr bei Herrn Brettle und auch bei Herrn Surkus-Anzenhofer bedanken, fanden in kleinen Gruppen gedanklich anregende Gespräche statt.