Drolerien von Cusanus

Die Welt der Fabelwesen, wie wir sie z.B. aus den Harry-Potter-Romanen kennen, war Menschen aus dem Mittelalter recht vertraut. Als feine Kritzeleien oder Miniaturzeichnungen, manchmal eingebunden in florale Ranken, konnten diese Drolerien am Textrand von wertvollen Pergamenthandschriften (Codices) oder als kleine Bilderstrecke am Ende einer Textseite auftauchen. Auch exotische oder vertraute heimische Tierwesen, oft grotesk verzerrt, schmückten bedeutende Handschriften.

In Vorlesungsmitschriften von Nikolaus von Kues, die er im Alter von 22 Jahren handschriftlich angefertigte, oder in bedeutenden Pergamenthandschriften, wie etwa den von Cusanus verfassten Predigtschriften, finden sich von ihm gezeichnete Drolerien in Form von floralen Mustern, filigranen Kleinstgesichtern oder kleinen Handzeichen.

Vor allem im „Pontificale Romanum“, einer liturgischen Handschrift, die Cusanus von Papst Nikolaus V anlässlich seiner Weihe zum Bischof von Brixen erhielt, finden sich viele prächtige Drolerien.

Über die Herstellungsabsicht dieser Zeichnungen, so Dr. Marco Brösch, der Lehrer*innen unserer Schule durch die Bibliothek des St. Nikolaus-Hospitals führte und viel Interessantes über Cusanus zu erzählen hatte, könne nur spekuliert werden: War es Langeweile, die sich während des Studiums einstellte und sich im Anfertigen von Drolerien äußerte? Sollten damit wichtige Textstellen markiert werden, damit sie später wieder schneller auffindbar sind? Oder sollte der Textinhalt mit kritischen Anmerkungen versehen werden? Das zu beantworten fällt im Einzelfall doch recht schwer, so Dr. Brösch.

Auf jeden Fall war die Lehrerexkursion nach Bernkastel-Kues ein echtes Highlight! Herrn Dr. Brösch herzlichen Dank für die Einblicke in dieses interessante Thema!

Text: SCU und Fotos: ECH