Schreibworkshop: locker und lehrreich

Sehr unterhaltsam, mit viel Spaß und Humor schaffte es der Autor Manfred Theisen, bei den Schülern des Schreibworkshops Schreibprozesse zu initiieren, die vielfältig und voller kreativer Ideen waren. Durch „hilfreiche Feedbacks“, so die Rückmeldung einer Schülerin, und „konstruktive Kritik“ beim gemeinsamen Besprechen der Texte fühlten sich die Teilnehmer des Workshops mit ihren Vorstellungen ernst genommen und wertgeschätzt. In gemeinsamen Gesprächen wurden die Texte lektoriert, so dass weiterführende Impulse das nachfolgende freie Arbeiten voranbrachten und unterstützten. Die Frage, ob die richtige Balance zwischen theoretischem Input und Praxis gefunden wurde, bejahte die Mehrheit der Teilnehmer positiv. Viele hätten sich eine Verlängerung des Workshops gewünscht, damit noch intensiver mit professioneller Unterstützung an den eigenen Texten hätte gefeilt werden können, viele wünschten sich zudem eine baldige Wiederholung der Veranstaltung mit Herrn Theisen.

Herr Theisen vielen Dank fürs Kommen, vielen Dank auch dem Literaturbüro in Mainz und dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz für die finanzielle Unterstützung der Veranstaltung!
Lust bekommen aufs Lesen der schönen Texte? Dann viel Spaß dabei!

Schreibworkshop - 1 (1)

Endstation

Mein Name ist Monika und ich bin 28 Jahre alt.

Früher war ich einmal eine angesehene und bekannte Autorin, doch die Nazis raubten mir meine Identität. Alles, was ich hatte, nahmen sie mir. Meine Familie, meine Freunde. Sogar meine Bücher verbrannten sie. Nun werde ich mich auf eine Reise begeben. Ich werde von meiner Heimatstadt Leipzig bis nach Paris reisen und dort ein neues Leben beginnen.

„Einstegen bitte!“, ruft der Schaffner und ich hetze in den Wagon. Hinter mir werden die Türen geschlossen und die Eisenbahn gerät ins Rollen. Ich schaue aus dem Fenster und sehe eine vertraute Landschaft an mir vorüber ziehen. Ich weiß, dass es sehr schwer sein wird, das alles zu vergessen, aber es ist unumgänglich.

Nach einer halben Stunde hält die Bahn an einem verwahrlosten, verlassenen Bahnhof. Dort steht eine Frau. Sie sieht verängstigt aus, zögert, dann steigt sie in den Zug und setzt sich ganz nach vorne. Wir sind alleine im Abteil. Meine Überlegung, mit ihr zu sprechen, verwerfe ich sofort. Ich muss jegliches Risiko vermeiden. Der Zug hält fünfzehn Minuten an diesem Bahnhof, ich schaue ihn mir genauer an. Im Beton sind Risse, das Dach ist halb eingestürzt, überall wuchert Unkraut.

Ein hochgewachsener junger Mann mit schwarzen Haaren und einer etwas zu großen grünen, aber dennoch schicken Jacke betritt den Zug und geht durch den Gang. Er setzt sich mir gegenüber. Am Bahnsteig sitzt eine Katze, ihr Fell ist verfilzt und schmutzig. Als der Zug weiter fährt, läuft sie humpelnd davon. „Was ist wohl mit ihr geschehen?“

Eigentlich passt der Mann, der mich jetzt mustert, nicht hier hin, er sieht zu reich aus. In diesem Abteil besteht alles nur aus zusammen genagelten Holzlatten. Einfach gehalten und alles nur Mittel zum Zweck.

Nachdem ein lauter Knall ertönt, als das Wagenfenster vom Wind zu geschlagen wird, zucke ich zusammen. Regen hatte eingesetzt und es liegt eine unerträgliche Spannung in der Luft.

„Alles in Ordnung?“

Ich erstarre und Angst macht sich in mir breit. Dann antworte ich vorsichtig: „Ja.“ Die Hoffnung, dass er nun still ist, erstirbt, als er fragt, was denn los sei. Er fragt, wovor ich Angst habe, doch ich weiß einfach nicht, was ich dazu antworten soll. Vermutlich sollte ich ihm wohl nicht sagen, dass ich auf der Flucht nach Paris bin…

Der Mann verwickelt mich in ein Gespräch, er sagt, dass er Paul heiße und dass er Verwandte in Köln besuche. Langsam wird er mir echt sympathisch, mit seinen schönen blauen Augen, die manchmal so verträumt in die Ferne blicken. „Bestimmt bedrückt auch ihn etwas“, denke ich mir.

Mittlerweile sind wir sechs Stunden unterwegs und in zwei Stunden wird er aussteigen und ich werde ihn nie wieder sehen. Ich bin mir bewusst, dass es Blödsinn ist, was ich hier mache, aber irgendwie ist er ein guter Mensch, lange hatte ich keinen Menschen mehr, dem ich nach so kurzer Zeit schon so vertraut habe. „Paul darf nicht aussteigen. Aber wie zur Hölle soll ich das schaffen? Er denkt doch, ich bin verrückt, wenn ich ihm meine Gefühle gestehe. Das ist doch alles nur ein Hirngespinst. So etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt es nicht! Oder doch?“

Seine Wärme zieht mich an, doch sollte ich nicht jedes Risiko vermeiden? Es könnte mein Leben kosten, wenn ich gefasst werde. Was soll ich nur machen?

Seine Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Er möchte wissen, was ich gerade denke. Aber ich schweige und lächele. Der Schaffner kommt und will die Fahrscheine sehen. Ich nehme meine Handtasche und krame das Portemonnaie heraus, während Paul ihm schon seinen Fahrschein reicht. Gebe ihm mein Billet. Als ich ihn wieder einstecken will, rutscht mir das Foto von meinen Eltern beim Sabbat heraus.

Paul sieht mich erstaunt an und gibt es mir. Seine Hand berührt meine länger als normal. Es ist nicht unangenehm, es tut gut, kribbelt in meinem Bauch.

Er weiß jetzt alles. Der einzige Mensch, dem ich vertraue. Sonst hätte er mich gerade schon verraten. So sitzen wir eine Weile da und ich ertrage es nicht, dass er gleich aussteigen wird und ich ihn nie wieder sehen.

Da sagt er zu mir: „Willst du nicht mit mir in Köln aussteigen?“

Am Bahnhof verlassen wir den Zug. Er nimmt mich in den Arm, drückt mich ein wenig an sich. Ich fühle mich geborgen. Wir gehen Richtung Ausgang. Ein Polizist steht dort. Ich habe Angst vor der Polizei, aber Paul wird mich beschützen. Wir gehen dicht an ihm vorbei. Da nimmt er mich noch fester in den Arm und spricht den Polizisten an.

„Was machst du da?“, frage ich noch.

„Sie ist Jüdin“, sagt er zu dem Polizisten. „Sie wollte nach Paris.“

Der Polizist nickt, fasst mich am Arm und Paul übergibt mich.

Lisa Wolff, Lisa-Marie Bayer


Jeder hat hier seinen Platz

Jeder hatte seinen festen Platz, wusste, wo er sitzen sollte, sitzen durfte. Zielgerichtet steuerten die Schüler auf ihren Platz zu, kramten ihre Handys hervor, steckten sich die Kopfhörer in die Ohren oder begannen ihrem Sitznachbarn, die total aufregenden Neuigkeiten vom letzten Tag zu erzählen.

Ich verstand natürlich kein Wort, betrachtete aber gerne, wie sich ihre Münder kaum merklich bewegen, sie wie wild gestikulieren und diese seltsamen Laute zu Stande bringen. Seltsam waren sie, so fremd, so abgehackt, ich werde diese Sprache niemals lernen, dachte ich mir.

Natürlich gab es im Bus auch noch einige freie Plätze, schließlich war das hier das erste Dorf, das erste von vielen, wir werden noch über eine endlose Dreiviertelstunde unterwegs sein.

Ich stieg als letztes ein, ganz langsam, wollte selbstbewusst nach vorne blicken, schaffte es aber nicht, stolperte beinahe.

Schüchtern schaute ich ein Mädchen an, neben dem noch ein Platz frei war. Sie schien meinen Blick jedoch gar nicht wahrzunehmen, blickte selbstvergessen aus dem verstaubten Fenster. Ein paar Schritte weiter zeigte ich unbeholfen auf den freien Platz neben einem kleinen Jungen, dieser legte schnell und trotzig seinen Rucksack neben sich. Schließlich war ich im hinteren Bereich angekommen, der Busfahrer schrie etwas von „Alle hinsetzen“. Unsicher brachte ich ein paar Worte meines gebrochenen Französisch hervor und fragte ältere Kinder, ob ich mich zu ihnen setzen dürfte. „Nein, hier ist kein Platz für dich, setzte dich doch neben den da“, erwiderte ein Mädchen, das stark geschminkt war und ihr dickes Haar ganz kurz geschnitten hatte.

Sie zeigte auf einen Junge, er war weiß. Da gehörte ich hin. Er spielte irgendein Spiel mit seinem Handy, schien mich gar nicht zu bemerken. An seinen Armen konnte ich viele kleine Schnitte sehen.

Erleichtert, endlich einen Platz gefunden zu haben, setzte ich mich neben ihn, drückte meinen Rucksack an mich und unterdrückte die sich ansammelnden Tränen.

Der Junge blickte mich an, ich tat so, als würde ich das gar nicht wahrnehmen. Meine Gedanken wurden schließlich unterbrochen durch ein Klingelton. Verwirrt sah ich mich um, es war das Handy des Weißen neben mir. Der Song kam mir bekannt vor, letzten Sommer hatte ich ihn öfter mal im Radio gehört. Letzten Sommer, zu Hause, das ist schon so lange her.

„Was ist los, Mama?“ Diese Worte ließen mich aufhorchen, seit Wochen hatte ich niemand außer meiner Familie Deutsch reden hören. Hier in Mali sprechen alle Französisch, was ich nie gelernt hatte.

Direkt schoss das Blut durch meine Adern, gebannt beobachtete ich jede Regung seiner Gesichtsmuskeln, seiner vollen Lippen, die die mir so vertrauten Worte endlich aussprachen, denen ich gebannt lauschte. Mit Panik in der Stimme versuchte er seine Mutter zu beruhigen, die immer länger und aufgeregter am anderen Ende der Leitung redete. Nervös kaute der Junge an seinem rechten Daumen, das Nagelbett war schon so stark aufgerissen, das es blutete.

„Ja okay, ich komme. Ich beeile mich.“ Er legte hastig auf, bat mich mit einem flehenden Blick aufzustehen und ihn durchzulassen, er ging mit große schnellen Schritten nach vorne zum Busfahrer. Dieser stöhnte bald darauf genervt, hielt aber an und öffnete die Vordertür.

Dann ging alles ganz schnell. Ohne wirklich zu wissen, was ich tat, rannte ich ihm hinterher und fand mich schließlich mit dem fremden weißen Jungen auf der Straße.

Der Bus wirbelte viel Staub auf, als er wegfuhr und in der Steppenlandschaft verschwand.

Julia Mös


Weiß

Ich wache auf.
Oder träume ich gerade?
Ich zwicke mich in den Arm.
Ich spüre es, dass heißt, ich bin wach.
Aber warum ist alles weiß um mich?
Gestern Abend bin ich doch noch in meinem Bett eingeschlafen.
Aber stimmt das überhaupt?
Ich kann mich nicht erinnern.
Bestimmte Orte sind noch da, aber keine Gesichter.
Freunde, Familie – weg!
Einfach so.
Warum?
Was ist hier los?
Weiße Hose, weißes T-Shirt. Weiße Socken und Schuhe.
Aber rote Schnürsenkel.
Alles ist weiß, wie dieser Raum, in dem ich liege.
Wie komme ich hier raus?
Es gibt keinen Ausweg.
Das ist mein Leben.

Nele Horbach


Ohne Abschied

Es macht mich einfach krank. Diese ganzen Diskussionen, die letztendlich sowieso kein Ergebnis haben. Immer wieder Streit, aber ohne dass sich danach etwas anderes ändert als nur die Atmosphäre zwischen uns. Ich frage mich wirklich, warum ich mich damals für meinen Vater entschieden habe. Das andauernde Geschreie, die ständige Nörgelei. Egal was ich mache, es ist falsch. Wie kann man nur seinem Kind ein so schlechtes Gefühl vermitteln? Nur weil es in der Schule nicht immer nur Einsen schreibt und Freude daran hat, etwas mit anderen zu unternehmen?
Wie jeden Samstag machte mir mein Vater Vorwürfe, dass ich ja nichts Vernünftiges, „nichts Gescheites“, wie er es immer formulierte, machen würde. Als es mir wieder mal zu viel wird, leine ich Malu an und gehe mit ihr spazieren. Den gleichen Weg wie immer.
Im Kopf gehe ich alle möglichen Arten durch, um meinem Vater endlich klar zu machen, dass es mir total egal ist, was er von mir hält und dass ich heute Nacht endlich ausziehen werde. Eine Wohnung habe ich mir schon gesichert: eine sehr kompakte, wo gerade so der Hund und ich reinpassen. Mehr brauche ich ja auch eigentlich gar nicht. Den Hund und mich. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich schon längst ausgezogen, aber das hatte mein Vater verhindert. Er weiß noch nichts davon, dass ich, sobald ich heute Nacht endlich 18 geworden bin, verschwinde und ich werde es ihm auch nicht sagen. Ich werde einfach weg sein. Meine Adresse bekommt er bestimmt nicht, zumindest nicht von mir.
Ich ziehe wieder in die Nähe meiner Mutter. Nur leider kann ich nicht zu ihr ziehen, da sie selber in einer sehr kleinen Wohnung lebt, wo nur Platz für sie und ihren Hund ist.
Als ich mich damals für meinen Vater entschieden hatte, kaufte mir dieser, damit ich nicht so oft alleine bin, einen Hund. Einen Hund, den ich mir selber aussuchen durfte und um den ich mich alleine kümmern musste. Durch den Hund habe ich sehr viel über Verantwortung gelernt, denn immerhin bekommt der Hund alles von mir: Liebe, Essen und Auslauf. Ohne diesen Hund würde ich innerlich eingehen. Malu läuft wie immer freudig an der Leine rum und immer, wenn ein anderer Hund vorbeikommt, beschnuppert sie ihn, egal ob er das möchte oder nicht. Das Boxerweibchen ist relativ groß, weshalb die meisten Leute zuerst mal Angst vor dem Hund haben, bis sie dann bemerken, dass sie niemandem etwas tut. Sie ist immer fröhlich und ist so gesehen meine bessere Hälfte.
Nach einer Stunde gehen wir wieder zu der Wohnung meines Vaters, wohl wissend, dass dieser schon wieder bei der Arbeit ist, zumindest sagt er das immer, wenn er einfach verschwindet. In meinem Zimmer stehen noch einige Kisten, die ich fertig packen muss. Die meisten Sachen sind allerdings schon in meiner neuen Wohnung. Nur noch meine Klamotten und Bücher muss ich einpacken. Mein Vater betritt nie mein Zimmer, weil er weiß, dass ich dann auch in seinem Zimmer rumschnüffeln würde und das möchte er auf jeden Fall vermeiden. Keine Ahnung warum, aber um genau zu sein, interessiert es mich auch nicht. 
Ungefähr zwei Filme später habe ich meine kompletten Sachen eingepackt.
Mike müsste gleich mit seinem Auto vorfahren, damit ich die letzten neun Kisten zu meiner neuen Wohnung bringen kann. Als wir wieder in meinem Zimmer in der Wohnung meines Vaters sind, ist alles leer. Alle Möbel, alle Bilder und jegliches Leben ist aus diesem Raum verschwunden. Auf dem Boden liegt noch ein Teppich, den ich zu meinem zehnten Geburtstag bekommen habe. Ich habe mich entschlossen, ihn nicht mit in die neue Wohnung zu nehmen. Er ist nur hässlich und Malu liegt sowieso nicht gerne auf ihm.
„Okay, hast du jetzt alles?“, fragt Mike, der von der Leere des Raumes erstaunt ist. Ich nicke ihm zu und schließlich lassen wir drei mein Zimmer und die Wohnung hinter uns. Wir sitzen im Auto.
„Okay, wollen wir jetzt Essen holen? Ich meine bis Mitternacht sind ja nur noch zwei Stunden.“
„Ja gerne, worauf hast du denn Lust?“
Wir einigen uns relativ schnell auf Thailändisch. Nach einer Viertelstunde Wartezeit haben wir unser Essen und machen uns auf zu meiner Wohnung. Malu springt freudig umher und untersucht die neue Umgebung. Der neue Teppich scheint ihr zu gefallen, da sie es sich prompt mit ihrem Knochen auf ihm gemütlich macht. Mike und ich essen und setzen uns dann gemütlich auf mein Bett. Ein Sofa habe ich leider noch nicht, dafür muss ich erstmal sparen. Die Zeit verfliegt und wir bemerken gar nicht, dass es, als wir das nächste Mal auf die Uhr schauen, schon halb zwei ist.
Es wundert mich, dass sich mein Vater noch nicht bei mir gemeldet hat.
Er müsste bemerkt haben, dass alle Sachen von Malu weg sind. Normalerweise ist er doch immer so gegen halb eins wieder da. Ich frage mich, wie seine Reaktion wohl sein wird. Wird er eher sauer oder traurig sein? Ich meine, auch wenn wir uns so oft gestritten haben, ich bin ja immer noch seine Tochter und er mein Vater. Als ich kleiner war, war er für mich wie ein Freund. Wir unternahmen so viel und hatten immer Spaß zusammen.
Nach noch längerem Gerede und Gelächter schlafen wir beide in meinem Bett ein. Ich habe das Gefühl, dass ich, kaum bin ich eingeschlafen, wieder von etwas geweckt werde. Das schrille Geräusch ist für mich anfangs nicht klar zu identifizieren, doch je wacher ich werde, desto bekannter kommt es mir vor. Als ich schließlich halb wach bin, greife ich zu meinem Handy und gehe ran, ohne vorher zu gucken, welche Nummer angezeigt wird. Am anderen Ende höre ich nur eine Frauenstimme, die mir etwas von einem Autounfall erzählt, in dem ein Mann ums Leben gekommen ist.

Inga Gardemann


 Tagebuch

Ich bin tot. Ich liege mitten auf einer Hauptstraße. Alles ist voller Blut. Ich sehe Blaulicht und Menschen, die hektisch um mich herum eilen. Das letzte, das ich erblicke, bevor sie die Decke über mein Gesicht ziehen, sind seine eisblauen Augen. 

I.

Tagebucheintrag:
Er ist neu auf unserer Schule. Er sei zugezogen, sagten sie mir. Das Auffälligste an ihm sind seine Augen. Wenn er mich ansieht, scheint es, als würde er meinen ganzen Körper durchschauen. Ich fühle Angst, doch bin auch gleichzeitig fasziniert. So etwas habe ich noch nie erlebt.

Tagebucheintrag:
Es sind ein paar Tage vergangen und der Schulalltag nimmt seinen Lauf. Auch wenn ich noch nie mit diesem Jungen gesprochen habe, spüre ich diese Verbindung zwischen uns. Ich kann nicht sagen, inwiefern oder woran es liegt, ich kann nur sagen, dass sie da ist. Ich spüre seinen Blick, als ich aus dem Klassenraum gehe.
Wird er mich nun endlich ansprechen?

Tagebucheintrag:
Gestern Abend war ich auf der Party meiner Freundin und er war auch da. Bevor ich ihn selbst sah, spürte ich seinen Blick, welcher auf mir ruhte. Ich drehte mich um und sah, wie er auf mich zukam. Er schien etwas getrunken zu haben, sein Gang war mutiger als sonst. „Hallo“, sagte ich schüchtern. „Schön, dass du da bist. Ich habe auf dich gewartet“, antwortete er. Gleich darauf bot er mir ein Glas Jacky-Cola an. Ich war es nicht gewohnt zu trinken, sodass ich mit jedem Schluck lockerer wurde. Leider musste ich bald gehen und nun bin ich endlich zu Hause angekommen. Im gleichen Moment vibriert mein Handy, es ist eine Nachricht von ihm. „Schön, dass du gut zu Hause angekommen bist. Gute Nacht, mein Mädchen!“ Ist er mir gefolgt? Ach was, das ist bestimmt nur ein Zufall.

Tagebucheintrag:
Heute haben wir uns getroffen. Endlich einen Tag nur mit ihm. Er war so süß zu mir. Sagte mir dauernd, dass ich sein Mädchen sei. Ich glaube, ich war noch nie so glücklich, ich freu mich schon auf die Zeit mit ihm!

Tagebucheintrag:
Wir sind zusammen! Maxi und ich sind ein Paar! Er fragt mich dauernd, was ich mache oder was ich den restlichen Tag vorhabe und er nimmt sich total viel Zeit für mich. Ich bin so glücklich.

Tagebucheintrag:
Heute haben wir wieder einmal den Tag zusammen verbracht. Es war natürlich schön wie immer, aber irgendwie war es anders. Er war anders. Ich kann aber auch nicht wirklich beschreiben inwiefern.

Tagebucheintrag:
Maxi verhält sich merkwürdig in letzter Zeit. Er verbietet mir, mich mit meinen Freundinnen zu treffen. Er wurde letztens auch ausfällig und hat mich angegriffen, als ich an mein Handy gegangen bin, weil meine Freundin angerufen hat. Dieses Verhalten ist nicht normal. Ich fühle mich eingeengt.

Tagebucheintrag:
Mein bester Freund ist endlich wieder zu Hause! Ich habe ihn schrecklich vermisst. Als ich Maxi ihn vorstellen wollte, ist er ausgerastet. „Ich habe mich mit keinem anderen Mann zu treffen.“, sagte er. Ich sei einzig und allein sein Mädchen. Und während er das sagte, waren seine blauen Augen heller als sonst. Fast als würden sie vor Eifersucht gefrieren. Ich bekam Angst und rannte weg. Er kam mir hinter her und fasste meinen Arm so fest, dass ich mich nicht mehr wehren konnte. „Bleib gefälligst hier. Bei mir. Wo du hingehörst. Einzig und allein bei mir.“
Ich habe solche Angst.

Tagebucheintrag:
Ich habe beschlossen, Abstand zu Maximilian zu halten. Sein Verhalten verstört mich. Er ist so besitzergreifend.
Tagebucheintrag:
Maxi kam völlig aufgelöst an meine Tür und fragte mich, ob wir uns ein letztes Mal sehen könnten. Danach würde er mich für immer in Ruhe lassen. Ich stimmte zu. Heute Abend treffen wir uns am See, seinem Lieblingsplatz. Da sei es so ruhig und niemand würde einen stören, sagte er. Bei was auch immer.
Nachtrag: Maximilian sagte mir heute, er habe in meinem Tagebuch geblättert. So etwas geht nicht! Wenigstens dort möchte ich meine Geheimnisse haben!

II.
Tagebucheintrag:
Heute vor zwei Monaten lernte ich sie kennen. Ich kann mich an diesen Moment erinnern, als wäre er gestern gewesen. Ihr wundert euch sicherlich, warum so lange kein Eintrag mehr kam. Das liegt daran, dass sie tot ist.

Ihr wollt wissen, was passiert ist? Wie bereits erzählt, waren wir am See. Es war ein wunderschöner Tag, wir hatten Spaß und sie hatte sich mal wieder in meinen Augen verloren. Ich wollte sie nach Hause bringen, doch sie wollte alleine gehen. Nachdem ich ihr den Rücken zugekehrt hatte, hörte ich, wie sie mit ihrem besten Freund redete. Das konnte ich nicht glauben, also blieb ich hinter einem Busch und wartete, bis der Mann sich wieder verzogen hatte. Ich konnte nicht mit ansehen, wie dieser Mann mir mein Mädchen wegnimmt, also nahm ich einen Stein vom Boden und warf  ihn ihr gegen den Kopf. Wenn ich sie nicht haben darf, darf niemand sie haben!

Doch, das ist nicht schlimm. Ich habe bereits ein neues Mädchen gefunden. Maximilian.

Selina Raskob


Glasaugen

Mein Blick geht wieder nach hinten. Immer und immer wieder. So wie jeden Abend. Dieses ständige Verfolgungsgefühl, keinen Schritt machen zu können, ohne den Gedanken beobachtet zu werden. Vor allem an Tagen wie diesen, wenn das einzige Licht, das die Stadt beleuchtet, der immer wiederkehrende Blitz ist. Die Hälfte meiner Einkäufe habe ich schon verloren, dank dem nicht nachlassenden Regen, der jedes Mal aufs neue meine Papiertüten durchnässt. Aber umkehren, um die Sachen aufzuheben ist keine Option für mich. Jede Minute die ich früher zuhause bin, zählt. Doch heute scheint selbst dort das Angstgefühl unaufhörlich. Das Flackern des Lichtes, in diesem unendlich scheinenden Flur, an dessen Ende erst meine Wohnung liegt. Ich renne auf die Tür zu, in der Hoffnung dahinter endlich in Sicherheit zu sein. Früher haben meine Eltern immer auf mich gewartet. Bei meinem heutigen Glück war es klar, dass mir der Schlüssel noch dreimal herunterfällt, ehe ich aufschließen kann.

Meine Nerven waren am Ende, mit zitternden Händen schloss ich auf. Ich wollte einfach nur noch zur Küche, die Einkäufe ablegen und mich ins Bett legen. Geschafft schmiss ich die Lebensmittel auf den Küchentisch und meinen Schlüssel gleich mit.  Der Blick in das gegenüberliegende Fenster verriet mir, dass es draußen bereits stockdunkel war. Beim nächsten Aufleuchten eines Blitzes, spiegelte sich ein Gesicht im Fenster, welches nicht meins war.
Ruckartig riss ich meinen Kopf nach hinten, nichts. Langsam geht die Paranoia mit mir durch. Ich hatte mich gerade wieder gefangen, als das bestialische Klingeln des Telefons, mich wieder aus dieser Ruhe herausriss. Zögerlich meldete ich mich am Apparat. Erleichterung stieg in mir auf, als ich merkte, dass es nur ein Mitarbeiter meiner Mobiltelefongesellschaft war, der mir einen Vertrag andrehen wollte. Diese Kopfschmerzen ließen mich heute keinen klaren Gedanken fassen. Doch gerade als ich den Hörer wieder weglegte, klingelte es noch einmal. Genervt meldete ich mich mit den Worten: „Ich kaufe nichts!“ Statt einer Antwort, hörte ich nur ein lautes Atmen.
Vor Schreck warf ich den Telefonhörer weg. Ich traute mich gar nicht mich diesem zu nähern, bis mir bewusst wurde, dass meine Paranoia wirklich wieder mit mir durch ging. Ich versuchte mich wieder zu beruhigen, ein Schläfchen auf der Couch schien mir die beste Gelegenheit dafür. Gerade als ich meine Augen schloss, hörte ich einen dumpfen Aufprall. Kann es denn wirklich alles wahr sein? Warum genau heute? Jetzt liegen auch noch die Bücher verstreut auf dem Boden. Diese alte Vitrine, die langsam schon nicht mehr als Schrank durchgeht, sollte ich endlich mal entsorgen. Gestresst bückte ich mich, um die Bücher wieder  auf ihren Platz zu stellen. Mein Blick traf den der alten Porzellanpuppe im Schrank. Hatte ich sie nicht extra mit dem Gesicht zur Wand gestellt, damit mich diese mit ihren Glasaugen nicht mehr anstarren kann, während ich auf der Couch liege? Vielleicht war ich beim Putzen aus versehen gegen sie gestoßen und hatte sie somit gedreht. Vorsichtshalber drehte ich sie wieder mit dem Gesicht zur Wand. Nur für alle Fälle. Ich ging zurück zum Sofa. Mit Hilfe meiner Lieblingscomedyserie schaffte ich es endlich ein wenig runterzukommen und nach einiger Zeit auch schließlich einzuschlafen.

Auf einmal ein Schrei. Ein Mädchen. Ich schaute mich um, bis mir auffiel, dass es aus dem Fernseher kommt. Panisch schaute ich mich nach der Fernbedienung um, Horrorfilme konnte ich mir einfach nicht ansehen. Ich atmete einmal tief durch, um einen klaren Kopf zu bekommen. Kaltes Wasser! Das brauchte ich jetzt. Nur kurz einmal das Gesicht waschen. Auf dem Weg ins Bad, blieb mein Blick wieder an der alten Vitrine hängen. Ich konnte es nicht fassen…
Die Puppe. Ihr Blick. Sie starrte mir mitten in die Augen. Mein Herz fing an zu rasen. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten, meine Knie wurden weich. Das konnte kein Zufall mehr sein! Entweder etwas ging in der Wohnung unglaublich schief, oder mit mir. Ich rannte zur Küche, ich musste hier einfach weg.
Unter den ganzen Lebensmitteln suchte ich meinen Schlüssel heraus. Als ich sie gerade gefunden hatte und meine Wohnung verlassen wollte, hörte ich es. Ein Lachen, kein normales Lachen. Es hat sich krank angehört. Das Lachen endete mit einem Türknall. Es kam aus dem Schlafzimmer. Voller Angst bewegte ich mich langsam auf den Raum zu. Mein Kopf sagte mir, ich sollte lieber zur Haustür, aber meine Beine bewegten sich wie von selbst in die entgegengesetzte Richtung. Wenn jemand hier war, dann konnte er sich nur im Kleiderschrank befinden. Ein anderes Versteck gab es in diesem Raum nicht. Mein Arm streckte sich auf den Schrank zu und riss ihn auf. Vor Schreck fiel ich auf den Boden. Auf Augenhöhe von mir lag die Puppe aus Porzellan.
Ich schrie auf und rannte nur noch auf die Haustür zu. Ich drückte die Klinke herunter, zog die Tür auf, aber etwas hielt mich trotzdem davon ab zu gehen.

Vor mir stand er: Ein Mann, ein großer Mann. Blutüberströmt und mit zerrissenen Klamotten. Die linke Hand, die nur vier Finger zu haben schien, hielt ein ebenfalls ein mit Blut überströmtes Messer in der Hand. Er fokussierte mich mit seinen entschlossenen kristallblauen Augen. Ich konnte nicht anders als diesen Blick zu erwidern. Minutenlang schien ich ihn anzustarren, bis er sich bewegte. Er drückte mich wieder zurück in die Wohnung, aus der ich gerade fliehen wollte. Ich wusste nicht wie um mich geschah. Aber als ich ihm in die Augen sah, verspürte ich keine Angst mehr.  Es war ein anderes Gefühl. Kein Gefühl der Angst, wie ich so oft fühlte, eher eins der Geborgenheit. Ich fühlte mich ihm plötzlich so nahe, wie er da stand. So nahe wie ich mich zuvor noch keinem gefühlt hatte.

Anastasia Stefan, Alexa Roth


Das Phänomen nach Regeln zu gehn

„Hey Alter, was geht? Hast du’s schon gelesen?
Jonny ist auf dem Konzert  gewesen“.
„Ey Alter, was geht? Hast du schon gehört?
Die Polizei hat Tommys Party gestört!“

So oder so ähnlich geht’s jeden Tag ab,
Fragen, ob ich dies oder jenes gehört hab.
Und wenn ich dann antworte mit Nein,
stehe ich doch wieder allein.

Was soll ich nur machen, ich kann’s nicht verstehn,
was Leute so Tolles im Internet sehn.
Es wird mir dabei oft Angst und Bang,
von diesem ganzen Gruppenzwang.

Abhängigkeit, Sucht nach Anerkennungen,
lassen die Jugend von heute verstummen.
Netzwerke bestimmen das heutige Leben,
nur noch Leute, die an Handys kleben.

Was hat’s damit auf sich, warum ist das so?
Wüsst ich die Antwort, ich wäre echt froh.
Fälle wie diese treten nicht selten auf,
die Menschen von heute sind halt so drauf..

Nach reichlich Recherche hab ich folgendes gefunden:
Die Gesellschaft ist an Regeln gebunden!
Nicht nur gebunden, sogar bestimmt!
Von einer Regel, die die Selbstständigkeit nimmt.

Man stelle sich vor,
einen Mann mit Stecker im Ohr.
Der erste Gedanke: Er hört Musik,
wahrscheinlich sogar sein Lieblingslied.

Beim näheren Betrachten fällt es mir ein:
Das musste die neue Apple-Uhr sein!
Soll schön motivieren und Ziele setzen,
den Käufer durch die Gegend hetzen.
Was hat’s damit auf sich, warum ist das so?
Wüsst ich die Antwort, ich wäre echt froh.

Ein anderes Beispiel von einer Frau lässt mich stutzen,
denn statt der Arbeit oder Fenster putzen,
-also Begriffe, unter denen man >die Frau< versteht,
diese lieber ins Fitnessstudio geht.

Warum macht sie das, warum setzt sie sich nicht hin?
Ist doch schon trainiert vom Fuß bis zum Kinn!
Was hat’s damit auf sich, warum ist das so?
Wüsst ich die Antwort, ich wäre echt froh.

Die Antwort darauf will niemand hören,
die Wahrheit würde die meisten stören.
Doch das Richten des Alltags von Frau und Mann,
bestimmen Regeln, nach denen man sich richten kann.

In der Sicherheit des Durchschnitts wiegen,
über Selbstbewusstsein und Risiko siegen,
den bequemsten Weg des Lebens zu gehen,
ohne zu seiner Selbstständigkeit zu stehn.

Beeinflusst von Werbung und manch Medium,
machen die Leute von Mündigkeit stumm.
Was hat’s damit auf sich, warum ist das so?
Wüsst ich die Antwort, ich wäre echt froh.

Von Sophie Heinzelmann 


Die falsche Liebe

Ich wusste nicht, warum ich es tat, ich tat es einfach. Es schien so verdammt einfach. Schauen, dass man alleine ist, die Dinge in der Hand betrachten, so tun, als würde man sich dafür interessieren, noch einmal umschauen und einfach einstecken, easy.
Schon eine halbe Stunde wartete ich auf Mia. Wir hatten uns für zwölf Uhr hier im Café verabredet. Zum wiederholten Male wählte ich ihre Nummer, nur ein nervendes Tuten.
Ich bestellte mir einen Tee und schrieb mit ein paar Leuten oder beobachtete die Leute auf der Straße. So viele unterschiedliche Menschen und doch waren sie alle gleich.
Ich schlürfte an meinem Tee, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte. ,,Sorry für die Verspätung, mein Bruder meinte mal wieder, er müsste Stress machen“, entschuldigte sich Mia, während sie mich leicht zur Begrüßung umarmte.
,,Was war denn los?“ Sie zog sich erstmal ihre Jacke aus und bestellte sich einen Kakao.
Für eine Weile waren wir still und sahen den Leuten auf der Straße zu. Es war keine unangenehme Stille. Mia dachte nach, versuchte ihre Gedanken zu ordnen und sie in Worte zu fassen. Nebenbei schlürfte sie abwesend an ihrem Kakao.
,,Mein Vater hat ihn rausgeworfen. Alex kam heut morgen besoffen und mit irgendwelchen Drogen vollgepumpt nach Hause, hat meine Mutter angeschrien und ihr mit Prügel gedroht, wenn sie ihm keine 100€ geben würde. Sie weigerte sich natürlich strikt und war sauer, worauf er komplett ausrastete und seine scheiß Drohung in die Tat umsetzte.“
Zum Ende hin wurde sie immer leiser und ich verstand sie kaum. Mia war kurz vor einem Heulkrampf und starrte auf einen Punkt, um nicht direkt in Tränen auszubrechen.
Zusammen gingen wir in die Stadt, um ihre Angst und die Wut abzubauen. Ich wollte sie auf andere Gedanken bringen, was mir auch relativ gut gelang.
Gegen 19 Uhr verabschiedete sie sich von mir und fuhr mit dem Bus nach Hause.
Da ich noch über eine Stunde auf meine Mutter warten musste, bis sie mich abholen konnte, beschloss ich, zu Alex am Bahnhof zu gehen und mit ihm zu reden. Wir hatten ein gutes Verhältnis zueinander. Ich mochte ihn. Er war hübsch, freundlich, charmant, immer für einen da, fast perfekt.
Auf der anderen Seite war er ein Drogen- und Alkoholjunkie, der die Schule abgebrochen hatte und ohne Plan einfach nur sein Leben lebte, naja, wenn man das „Leben“ nennen konnte.
Wie erwartet war er hier und chillte mit seinen Freunden. Als er mich sah, sprang er auf und ging auf mich zu. Er sah nicht gut aus, überhaupt nicht. Wo war der Junge, den ich eben noch beschrieben hatte?
Seine Augen waren gerötet, hatten den wunderschönen Glanz verloren, seine Haut war blass, der Körper völlig abgemagert.
Er tat mir so verdammt leid. Er war mehr als „irgend so ein Freund“, bei ihm fühlte ich mich wohl. Ich war glücklich, spürte Wärme, Geborgenheit.
Doch dieser Anblick jetzt tat weh.
„Bitte hilf mir.“ Er redete leise, trotzdem verstand ich jedes Wort. Er klang so verzweifelt, zerbrechlich. Ich wusste, was er wollte: Geld!
Ich würde ihm so gerne helfen, aber wie?
Hatte ich Geld? Nein.
Hatten Leute aus meinem Umfeld Geld für ihn übrig? Nein.
Hatten meine Eltern … ? Nein. Niemals würde ich meinen Eltern auch nur einen Cent stehlen oder sie in irgendwelche Schwierigkeiten bringen.
In diesem Moment dachte ich, es gäbe nur eine sinnvolle Option, bei der ich niemandem Schaden zufügen würde.
Ich sagte: ,,Ich helfe dir.“

Zwei Tage später ging ich in ein großes Elektronikgeschäft. Es war erst elf Uhr und relativ leer. Ich bewegte mich mal hier, mal dort hin, betrachtete verschiedene Dinge und hoffte nur, dass er mir dafür seine Liebe geben würde.
Dort. Diese Kopfhörer würden super in meine Innentasche passen. Ich nahm sie in meine Hand und betrachtete sie. „85€“, es würde sich lohnen.
Mit den Kopfhörern in der Hand ging ich in einen leeren Teil des Ladens.
Ein Blick nach links, einer nach rechts. Niemand in meiner Nähe.
Für Alex, sagte ich mir, zack, sie waren in meiner Tasche.
Mit schnellem Schritt ging ich auf die Straße, einfach raus.
Geschafft. Ich hatte es tatsächlich geschafft. Ich hatte etwas gestohlen. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.

So ging das über zwei Wochen.
In einen x-beliebigen Laden hinein, umsehen, das Stück holen und einkassieren, raus. Fertig. Es war simpel. Täglich nahm ich über 100 Euro ein, die ich alle heimlich Alex gab.
Meine Gefühle fraßen mich von innen auf. Ich hatte keinen Appetit mehr, musste mich oft übergeben. Überhaupt waren das die schlimmsten Wochen meines Lebens. Ich finanzierte Alex` Leben, hinterging meine beste Freundin, stahl und wurde selber krank – sowohl psychisch als auch körperlich.
An einem Mittag nach der Schule wollte ich wieder klauen. Es lief wie immer, ich war schon fast draußen, als mich jemand am Arm festhielt.
„Mitkommen!“ Es war eine tiefe und schon leicht bedrohliche Stimme, die mich ansprach.
Mir wurde heiß. Jetzt war es aus. Ich hatte einen Fehler gemacht.
Und Alex hatte mich nur benutzt. Ich war blind vor Liebe gewesen. Meine Eltern würden alles erfahren. Mia. Dieser Junge hatte mich zerstört. Das alles nur wegen seinen Drogen und meiner Dummheit.

Annabelle Reckert


 

16 vs. 18

Ich darf mehrere Sachen. Aber was? Was für Sachen? In Diskos, Alkohol, ja auch Bier. Is ja Alkohol. Oder? Ne, Nahrungsmittel. Du bist noch nicht alt genug. Aber 16 immerhin! Nur noch zwei Jahre, Mama! Aber noch Schule. Streichelzoo. Servicekräfte Lehrer. Die müssen tun. Und ich tu so als ob ich zuhör. Ich bin nur in der Schule um anwesend zu sein. Kann ich gut. Körperlich! Versteht sich! Der Geist ist noch im Bett. Immer. Kein Wecker in Sicht. Ich will gar nicht geweckt werden. Du hast es gut. Ich bin immer der, der alle wecken muss. Meine Mutter, meine Schwester. Morgens Treppen ist nicht gut. Aber dafür kann ich Auto fahren. Und mit Zocken Geld verdienen. Mit 16 ist man immer arm. Und kann auch Auto fahren nur mit Mama. Auch für die Disko brauch ich Muttizettel. Für die „Kajüte“, ist die Disko hier in Binsfeld. Mit 18 nicht mehr. Und dann? Freiheit! Außer, wenn man Fahrer ist!

Und das bin ich gerade. Ich sitze am Steuer und du sitzt daneben. Du 16. Ich 18.

„Zusammen sind wir 34“, sage ich.

Sie lacht. Sie ist betrunken. Sie lacht über alles. Wir haben uns heute erst in der Schule kennen gelernt. Jetzt fragt ihr euch bestimmt: Wie kommt man von der Schule und landet am Ende in der Disko und betrunken im Wagen? Ganz einfach: Wir hatten einen Schreibworkshop. Und waren beide kreativ wie ein Stein. Und damit meine ich keinen Edelstein. Ich trage Brille. Sie trägt Brille. Manchmal braucht man nicht mehr um sich zu unterhalten. Dioptringespräche. Wieviel hast du? Ich hab minus sechs. Das ist viel, fast blind. Aber ich kann sie sehen. Sie sitzt jetzt neben mir und hat auch im Workshop neben mir gesessen. Wir haben über unsere Leistungskurse geredet. Lieblingsfächer. Lehrerlästern. Und dann sagt der Workshopleiter: Wenn ihr wollt, könnt ihr die Geschichte ja auch zuhause schreiben. „Gehst du heute Abend ins Kajen?“, fragte ich sie. Sie sagte: „Weiß nicht.“ Ich sagte: „Ich fahre hin, aber nicht zurück. Außer du willst, dass ich betrunken fahre.“ Sie sagte: „Lass uns erst mal fahren.“ Dann schaute sie auf die Uhr und sagte: „Es ist 17.10 Uhr. Das ist ein bisschen zu früh.“

Vorglühen, nenne ich so was. Sie will vorglühen.

Ich mache mit ihm einen Treffpunkt aus: 20 Uhr am Brunnen.

Ich gehe nach Hause. Niemand wartet da. Meine Mutter nicht, eine Katze haben wir nicht. Ich esse. Kochen kann ich nicht. Aber essen. Nudeln. Das ist das einzige, was ich kann. Ketchup. Aufräumen tu ich nicht. Nie. Ich bin Messi, meine Mutter nicht. Das ist ihr Problem. Sie räumt auf. Ich dusche lieber. Bin ich schon am duschen? Dann höre ich dabei normalerweise Musik. Wenn ich mit duschen fertig bin, schmink ich mich. Eyeliner, Kajal, klingt wie ein arabischer Vorname. Pushup. Brauch ich nicht. Alles Natur. Und dann stehe ich vor dem Spiegel und ich stehe auch vor dem Spiegel. Aber ich sehe einen Mann. Mich! Erstmal mich betrachten. Bizeps. Bowlingkugeln. Greife zur Hose. Wieder Bowlingkugeln. Ja, die riecht gut, die ziehe ich an. Meine Mutter ruft. Erdnüsse. Wenn nicht Rosinen. Ich soll eh mein Zimmer aufräumen. Sonst würde mich meine Mutter garantiert nicht rufen. Sie kommt, drückt mir das Telefon in die Hand und sagt: „Marie ist dran.“ Aber nicht mehr bei mir. Ich nehme trotzdem den Hörer und fange an zu husten. Warum? Weil ich krank bin. Ich kann heute nicht. Meine Mutter wundert sich: „Du gehst doch gleich“. Meine Freundin fragt wohin? Ins Bett. Ich bin krank. Genau wie meine Freundin. Genervt lege ich auf. Es ist schon spät. 19:30 Uhr, es ist nicht mehr lange. Ich betrachte mich noch einmal im Spiegel. Passt. Noch Deo, dann ist es perfekt. Fahre los. Sie wartet schon. Du musst Frauen immer warten lassen. „Steig ein!“

Vorglühen mit geschlossener Tür auf vier Rädern. In meinem Auto. Ich mein hier mit Vorglühen, dass sie vorglüht, nicht, dass ich was trinke. Ich trinke nie, wenn ich fahre. Meine Mutter würde das aufregen.

Ausweis. Peinlich. Muttizettel. Noch peinlicher. Immerhin bin ich jung. Hier sind einige zu alt, abgegriffen. Er muss auch Ausweis zeigen, aber ihm ist es nicht peinlich. Jetzt trinkt er. Ich hasse es. Aber er sieht gut aus. Ich hasse es auch, wenn Mädchen soviel saufen, weil die dann immer heulen. Und damit meine ich immer. Er sagt: „Ich gucke mal, wie viel ich trinken darf als Beifahrer.“ Ich sage „nichts“. Er lächelt. Süß. Wir tanzen, er auch. Gut. Sehr gut. Ein bisschen zu gut. Es wird getanzt und getrunken, getanzt und getrunken. Ich. Absturz.

Ich trag sie ins Auto. Ich hoffe, die kotzt da nicht rein. Meine Mutter würde das aufregen. Die müsste ja die Kotze wegmachen. Mir ist das zu ekelig. „Geht es noch?“, frage ich sie.

Sie liegt in meinem Arm. Ich trage sie auf den Beifahrersitz.

Und jetzt? Soll ich sie küssen? Soll ich das ausnutzen? Ich bin ein Idiot. Ich tue es nicht. Und deshalb sitzt sie jetzt neben mir, ich fahre, wir reden und reden.

„Ich bin 16. Du 18“, sagt sie.

„Zusammen sind wir 34“, sage ich.

Sie lacht. Ich schaue zu ihr rüber und will sie küssen und sehe die Scheinwerfer von diesem Laster. Reiße das Lenkrad rum und wir verschmelzen.

Jasmin Appel, Ertugrul Aksakal


 

Und atmen

Ich sehe mich
selbst
Leben
Hochzeit
Ehefrau
Geburt
schalte ab
gedankenlos
bei mir
alleine
im Wasser
in der Dunkelheit
und in das Licht
ich lebe unter Wasser
und ersticke im Wasser
und sterbe
zum Leben
du musst aus dem
Wasser um zu leben
ich laufe weg
und springe
schwerelos
und alles ist gut
mein Gebiet
genau mein Gebiet
es ist das
was ich kann
was mich glücklich macht
Befreiung
und atmen

Jasmin Appel, Ertugrul Aksakal

 


Mit dem Rücken zur Wand

Von Jasmin Dietzen

August 1994

„Nicht so schnell! Warte auf mich!“

Markus‘ Gestalt verschwand im hohen Korn und bald hatte er den Weg erreicht, der das Feld vom Wald trennte. Immer musste er mir seine beachtliche Geschwindigkeit beim Laufen unter die Nase reiben. Dieser Angeber. Dabei war ich auch sportlich – halt nur nicht so ausdauernd.

Er drehte sich um und lachte schallend. „Wo bleibst du denn? In der Zeit hätte ich noch drei Runden drehen können.“ Aber er wartete.

Keuchend kam ich an, blieb stehen und stützte mich auf den Knien ab. Meine Lunge brannte, wir waren den ganzen Weg von zu Hause aus bis hierher gerannt. Markus boxte mir leicht gegen die Schulter und schob den dichten Brombeerbusch am Waldrand ein wenig zur Seite. „Na komm schon“, sagte er mich herbeiwinkend. Ich folgte ihm in den Wald. Wir schlugen uns durch das dichte Gestrüpp und stolperten über unzählige Wurzeln, bis wir schließlich an einer großen Lichtung ankamen. Die Sonne suchte sich ihren Weg durch die dünnen Baumkronen und ließ sie in einem warmen smaragdgrünen Licht erstrahlen. Ein kühler Luftzug kitzelte meine Haut, eine willkommene Abwechslung zum erdrückend heißen Augustwetter. Es war wunderschön. Markus ging zur Mitte des Platzes, ließ sich auf das weiche Gras fallen und schloss die Augen. Ich legte mich zu ihm.

„Schön, nicht wahr?“, sagte er und atmete tief ein und aus.

„Ja“, antwortete ich und machte es mir bequem. „Woher kennst du diesen Ort?“

„Ich komme oft zum Nachdenken hierher. Hier habe ich das Gefühl, dass nichts an mich ran kommen kann.“

Ich nickte kaum merklich. „Haben sie dich heute in Ruhe gelassen?“

Äußerlich blieb er entspannt, doch in seiner Stimme hörte man jedes Gefühl, das grade in seinem Körper aufkam: Angst, Wut, Verzweiflung, Unverständnis. „Dieselben Sprüche wie immer. Außerdem ist es seit neustem überaus witzig, Mäppchen aus Fenstern zu schmeißen. Ich blende es aus.“

Ich runzelte die Stirn. „Willst du es Mama sagen?“

Erst jetzt sah er mich an. „Sie macht sich schon genug Sorgen“, seufzte er. „Ich komm schon klar. Es ist nur noch ein Jahr. Dann hab ich meinen Anschluss und kann diese ganzen Idioten hinter mir lassen.“ Markus schloss die Augen wieder. „Ein Jahr“, flüsterte er.

Ich wollte noch etwas sagen, doch von meiner rechten Seite hörte ich nur noch Markus‘ leises Schnarchen. Ein Jahr, dachte ich. Ich hoffte von ganzem Herzen, dass mein Bruder bald wirklich seine Ruhe hatte, nicht nur auf dieser Lichtung. Ich dachte noch ein bisschen darüber nach, wie unser Leben wohl in einem Jahr aussehen würde. Das Bild von meinen Eltern, Markus und mir, glücklich vereint am Küchentisch und das sanfte Rauschen der Blätter wiegte mich nach wenigen Minuten in den Schlaf.

Juli 2013

Die Straße war leer, und ein zarter Windhauch fuhr David durchs Haar. Von dem warmen Julitag war nichts mehr zu spüren, die Sterne funkelten am Himmel und der Schatten einer Eule tanzte im flackernden Licht der Straßenlaterne. Alle paar Minuten fuhr mal ein Auto vorbei, doch eigentlich wirkte die Stadt um diese Zeit wie tot.

Am liebsten wäre David noch länger bei Mark geblieben, doch es war schon nach Mitternacht und länger wollte er seine Eltern nicht warten lassen. Es waren noch ein paar Jungen aus der Klasse da gewesen, auch einige Mädchen. Leo und Jan hatten sofort wieder geflirtet, was das Zeug hielt. David konnte zwar nicht bestreiten, dass seine Klassenkameradinnen sehr hübsch waren, mit einigen war er auch eng befreundet, aber verliebt war er nicht.

Es war noch ein langer Weg bis nach Hause, also beschloss David, eine Abkürzung durch die Seitengasse zu nehmen. Als er um die Ecke bog, erkannte er ein paar Meter weiter vor sich ebenfalls zwei Personen. Um diese Uhrzeit?, fragte er sich, doch er beließ es dabei und ging stattdessen einen Schritt schneller, in freudiger Erwartung auf sein Bett. Auch die Person vor ging schneller, David tippte der Gestalt nach auf einen Mann. Er rannte fast, was David stutzen ließ. Er blieb stehen und beobachtete die Szene. Die gehetzte Person war kleiner, zierlicher und hatte eine feminine Silhouette, wahrscheinlich ein Mädchen, mehr konnte er im Dunkel nicht erkennen. Jetzt hatte der Mann hinter ihr sie fast eingeholt, und als sie versuchte, wegzulaufen, packte er das Mädchen grob am Arm und zerrte sie auf den Boden. Sie schrie auf und genau dieser Schrei löste David aus seiner Starre.

„Hey!“, brüllte er und rannte auf den Mann zu, der immer wieder auf das am Boden liegende Mädchen einschlug.

„Hey! Lassen Sie das Mädchen!“

Der Mann schreckte hoch und drehte sich zu David um, der wütend auf ihn zugelaufen kam. „Lassen Sie das Mädchen in Ruhe!“

Gerade, als David ausholen wollte, um diesen widerlichen Kerl niederzustrecken, huschte der zur Seite und David schlug ins Leere. Verwirrt dreht er sich um, und das Letzte, was er fühlte, war ein dumpfer Schlag auf die Stirn, bevor er zu Boden sank.

****

Ein kühler Wassertropfen auf dem Gesicht riss David aus dem Schlaf. Langsam öffnete er die Augen. Er wusste nicht, wo er war, das dämmrige Licht erlaubte nur einen spärlichen Ausblick auf die kleine Kammer. Unter seinem Körper spürte David feuchte Erde, und ein modriger Geruch stach ihm in die Nase. Er fühlte sich schlapp und ausgelaugt, als hätte er sich tagelang nicht mehr bewegt. Verwirrt versuchte David, sich aufzusetzen, doch sobald er den Kopf hob, spürte er einen stechenden Schmerz in der Stirn.

„Au!“, stöhnte er und fasste sich an die Schläfen. Seine Finger tasteten etwas Nasses, wahrscheinlich Blut.

„Was ist passiert?“, murmelte er und versuchte noch einmal vorsichtig, sich aufzusetzen. Schwerfällig krabbelte er zur nächsten Wand, lehnte sich erschöpft dagegen und versuchte herauszufinden, wo er war. Zu seinen Seiten erkannte er wieder erdige Wände, und vor sich erstreckte sich ein langer, dunkler Tunnel, dessen Ende nicht zu sehen war. An einer Wand hing eine Fackel, deren Feuer fast erloschen war. Das muss eine Art Höhle sein, dachte David. „Wie bin ich nur hierhergekommen?“

Angestrengt versuchte er, sich die letzten Stunden wieder ins Gedächtnis zu rufen. Er war auf dieser Party gewesen. Hatte er zu viel getrunken und sich verirrt? Nein, er trank nie zu viel.

Aber was war noch geschehen? Er hatte Marks Haus verlassen und dann war er nach Hause… war da nicht dieses Mädchen gewesen? Ja! Zu deutlich erschienen die Bilder des bewusstlosen Mädchens in seinem Kopf, das Lachen des Mannes hallte durch seine Gedanken.

„Er muss mich überwältigt haben“, schloss er flüsternd. „Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt!“

Wütend schlug er mit der Faust gegen die Wand.

„Ich muss hier raus, unbedingt!“

Er griff in seine Hosentasche, auf der Suche nach seinem Handy, doch es war weg. „Mist! Dieser elende…“

Den Schmerz in seinem Kopf ignorierend, stand David auf und tastete sich seinen Weg durch die dämmrige Kammer.

„Wo zum Teufel bin ich hier?“

Gerade als er am Eingang des Tunnels angekommen war, vernahm er ein leises Schluchzen aus dem Gang. Angespannt räusperte er sich und fragte: „Hallo? Wer ist da?“

Augenblicklich verstummte das zarte Wimmern. Er löste die Fackel von der Wand und setzte einen Fuß in den dunklen Gang. Plötzlich bewegte sich ein paar Meter von ihm entfernt ein Schatten im flackernden Licht. Der Schatten kam immer näher, und je näher er dem Schein des Feuers kam, desto mehr Konturen erkannte David. Aus den Konturen bildete sich eine Silhouette, und bald stand vor David ein Mädchen, etwa in seinem Alter. Als sich seine Augen an das spärliche Licht gewöhnt hatten, sah er, dass sie ihr langes, hellbraunes Haar mit einem roten Tuch zurück gebunden hatte. Sie trug dunkle Shorts und ein ebenfalls rotes Top. Über ihre Wange verlief ein langer, blutiger Schnitt, ihre Wangenknochen waren blau-lila verfärbt und geschwollen, darüber glitzerten Tränen in ihren Augen.

„Wie heißt du?“, fragte er ruhig.

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