Elternabend zum Thema LRS
Diplom-Psychologe Stephan Kolbe stellte zunächst seine Erfahrungen mit von LRS (Leserechtschreibschwäche) betroffenen Kindern vor und betonte, dass das Vorliegen einer LRS rein gar nichts über die Intelligenz eines Kindes aussage. Auffällige Verhaltensweisen, die auf eine LRS hin abgeklärt werden müssten, seien beispielhaft das häufige Verdrehen von Wörtern und Buchstaben beim Lesen, das Dazuerfinden von Silben, das Überlesen von Endungen oder erhebliche Probleme in der Rechtschreibung.
Eine LRS-Diagnose müsse, so Herr Kolbe, unbedingt auf einer sorgfältigen Anamnese beruhen und die Testung durch mehrere Verfahren gut abgesichert sein: Mit Hilfe zweier Fragebögen an die Eltern des betroffenen Kindes und einen an die Lehrkräfte des Kindes würden die wahrnehmbaren Probleme möglichst genau erfasst, damit auffällige Verhaltensweisen und deren Entwicklungsgeschichte kompetent beurteilt werden könnten. Die Testung sollte zudem in einem ruhigen und angstfreien Umfeld ohne die Anwesenheit der Eltern erfolgen, damit das Arbeitsverhalten des zu testenden Kindes authentisch beobachtbar sei. Inhaltlich sollte die Testung u.a. einen Intelligenz-, einen Lese- und einen Rechtschreibtest umfassen. Wichtig sei, dass für die Eltern eine genaue Dokumentation der Testergebnisse erstellt und eine nachvollziehbare Diagnose gestellt werde, die den Eltern natürlich in schriftlicher Form vorlegt werden müsse.
Was sollte im Vorfeld einer Testung ausgeschlossen werden?
- eine auditive Wahrnehmungsproblematik (d.h. die Beeinträchtigung der Hörfähigkeit)
- eine mögliche Beeinträchtigung der Trennschärfe in der auditiven Wahrnehmung
- eine visuelle Wahrnehmungsproblematik (eine klassische Sehschwäche etwa)
- Probleme mit der Feinmotorik und der Stifthaltung
- Probleme mit der Blicksteuerung, durch einen Besuch im Blicklabor festgestellt www.blicklabor.de
- Probleme im Bereich der Lesefähigkeit aufgrund nicht gefestigter Automatisierungsprozesse, weil das Lesen bisher zu wenig geübt wurde und somit auch Defizite in der Leseflüssigkeit vorlägen
- eine wie auch immer begründete mangelnde Anstrengungsbereitschaft des Kindes
Erst dann, wenn für die genannten möglichen Problemfelder jeweils ein negativer Befund vorläge und eine LRS zweifelsfrei diagnostiziert sei, sollte ein fachkundiges Training des Lesens und Schreibens erfolgen, was sich in der Durchführung jedoch desöfteren als recht schwierig erweise, da viele betroffene Kinder, bevor bei ihnen eine LRS diagnostiziert worden sei, eine lange Leidens- und Misserfolgsgeschichte hinter sich hätten, da ihr problematisches Arbeitsverhalten oft als Zeichen fehlender Intelligenz gedeutet worden sei, so dass die Motivation, durch regelmäßiges Training die LRS zu reduzieren, oft gering sei. Um solche Motivationsschwierigkeiten aufzufangen, sollten während des Trainings deshalb auch die Stärken des Kindes in den Blick genommen und gefördert werden. Zudem würden die von einer LRS betroffenen Kindern diese als ein gravierendes Defizit wahrnehmen, was insgesamt zu einer großen Verunsicherung führe. Mit Blick auf die Schule empfahl der Referent für die betroffenen Kinder schriftliche Leistungen vermehrt durch mündliche zu ersetzen.
Die anwesenden Eltern beteiligten sich rege am Elternabend durch das Stellen viele, auch vertrauensvoller Fragen, was für alle Anwesenden interessant und gewinnbringend war. Auch Herr Kolbe konnte durch seine theoretische Kompetenz, aber auch durch das Einbringen seiner vielfältigen praktischen Erfahrung in der Arbeit mit betroffenen Kindern überzeugen.
Dem Förderverein unserer Schule danken wir für die finanzielle Förderung der gelungenen Veranstaltung!
Interessante Links zum Thema sind:
www.imagohaus.de
www.bvl-legasthenie.de
www.arbeitsblaetter.org
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www.foerdervereinpsyga.de
www.schulschriften.de