Wir schauen hin bei Mobbing und Cybermobbing!

Im Rahmen eines Elternabends zum Thema “Mobbing” mit Frau Dr. Kees vom Schulpsychologischen Beratungszentrum Wittlich als Referentin wurde schon zu Beginn des Elternabends klar, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema “Mobbing” zu beschäftigen, um begriffliche Klarheit zu schaffen, die wiederum Voraussetzung für Handlungskompetenz ist zur Unterbindung der heute auch an Schulen am häufigsten vorkommenden Form von Gewalt: Mobbing.
Bei Mobbing liege, so die Referentin, IMMER ein Machtungleichgewicht zwischen Täter und Opfer vor! Ziel aus Tätersicht sei es, regelmäßig über einen längeren Zeitraum (mindestens 1x pro Woche!), gezielt auf eine Person gerichtet, Macht durch aggressives Verhalten über einen Menschen auszuüben, um sich überlegen und selbstwirksam zu erleben. Ohne Hilfe (!) kann sich der/die Betroffene nicht selbst aus dieser Situation befreien.
Dominanzrituale, kleinere Rangeleien auf dem Schulhof etwa, um Positionen innerhalb einer Gruppe auszutarieren, seien jedoch normal, gerade in neuen Klassenkonstellationen zu Beginn der Orientierungsstufe. Dabei suchten sich die Beteiligten die stärksten Schülerinnen und Schüler innerhalb einer Gruppe aus, um sich am Gegenüber zu messen. Dies höre aber nach kurzer Zeit dann auf, wenn die Rollenpositionen geklärt seien. Mobbing lebe dagegen, so Frau Dr. Kees, gerade vom Machtungleichgewicht. Der Täter möchte dieses gerade aufrechterhalten, damit ein gezieltes Einsetzen von Aggression gegen das Opfer über einen längeren Zeitraum (!) möglich ist.

Von Mobbing Betroffene erlebten gerade die Gewaltausübung als permanenten Stress, der, weil bei Mobbingerlebnissen die gleichen Schmerzzentren im Gehirn aktiviert würden wie bei physischen Attacken, gravierende psychosomatische Folgen hätte: Kopfschmerzen, Schlafstörungen verbunden mit permanentem Schlafdefizit, Abbau sozialer Kompetenzen.
Erste Ansprechpartner der von Mobbing betroffenen Kinder und Jugendliche seien zunächst Gleichaltrige oder Eltern. Aber gerade diese Ansprechpartner seien oft mit der Problematik überfordert, verfügten vielfach nicht über die notwendige Einsicht in die Prozesse, die bei Mobbing überwiegend im schulischen Kontext abliefen. Wichtig zur Verhinderung und Eindämmung von Mobbing seien deshalb, so Frau Dr. Kees, vor allem informierte Lehrerinnen und Lehrer, zu denen Jugendliche Vertrauen aufgebaut hätten. Lehrerfortbildungen zum Thema seien folglich zwingend notwendig, um Handlungskompetenz aufzubauen, damit dann, wenn ein akuter Mobbingfall auftrete, adäquat gehandelt werden könne. Denn eins sei klar: Bevor sich Kinder und Jugendliche einem Erwachsenen anvertrauten, liege schon ein langer Leidensprozesse hinter ihnen. Mobbing werde, so die Referentin, zudem von großem Schweigen begleitet: Opfer und Zeugen sprächen selten über Mobbing, Zuschauer guckten nicht selten weg, Eltern und Lehrer seien oft unwissend. Umso schlimmer sei es, wenn beim Offenlegen von Mobbing durch Mutige oder Betroffene nicht unverzüglich und effektiv gehandelt werden könne.
Frau Dr. Kees erläuterte im Anschluss Formen von Mobbing und unterschied dabei direkte (“körperliche Drohung, Erpressung, Zerstörung von Eigentum” […]) von indirekten Formen, oft eine Form der “Beziehungsgewalt” (“ausgrenzen, ignorieren, lachen” …), zudem Cybermobbing, bei dem private Schutzräume gänzlich verloren gingen, da Cybermobbing rund um die Uhr in einem medialen Raum erfolge, in dem Erwachsene, weil selten im medialen Raum ihrer Kinder unterwegs, keine kritische Größe spielen könnten.
Mobbing sei zudem ein Gruppenphänomen: Verhaltensnormen innerhalb einer Gruppe setze jede Gruppe selbst. Jeder in einer Gruppe könne somit ein Mobbingopfer werden, falls er/sie einer starken Gruppennorm nicht entspreche. Gerade in Klassengruppen könnten sich Schüler der anerkannten Gruppennorm nicht entziehen, da Schulpflicht herrsche und die Zuweisung zur Klasse nicht in der Hand der Schüler liege. Ein unsportliches, aber musikalisch talentiertes Kind könne in einer Schulklasse, die Ansehen über sportliche Hochleistungen definiert, zum Mobbingopfer werden; auch ein leistungsstarker Schüler in einer Klasse, in der Leistung nicht viel zähle. Umso wichtiger sei es als Bestandteil der Präventionsarbeit, soziale Normen zu schaffen, Klassenregeln zu formulieren, die definierten, was für den Zusammenhalt wichtig und sinnvoll sei, und diese regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Gerade Klassen, die über wenig Zusammenhalt verfügten und in denen viele Kleingruppen mit verfestigten Strukturen existierten, seien anfällig für Mobbingprozesse, da gerade Solidarität, um einzelne in anderen Gruppen zu schützen, fehle, Zusammenhalt im Umkehrschluss über einen Mobbingprozess entstehe.

Was kennzeichnet das Gruppenphänomen “Mobbing” grundlegend?
Gemäß den Ausführungen von Frau Dr. Kees gebe es Mobber und Mitläufer, der engere aktive Kreis also, dann die meist größere „Verstärkergruppe” des Mobbers, zudem die Gruppe der passiven Zuschauer, dann die kleine Gruppe der Helfer, die bereit wären, das Mobbing-Opfer zu schützen. Gerade die Gruppe der Helfer müsste in der Präventionsarbeit gestärkt und handlungskompetent gemacht werden, um aktiv gegen Mobbingprozesse vorzugehen, um sich aktiv Hilfe bei handlungskompetenten Erwachsenen zu holen, um Gruppennormen umzudefinieren, um so die Macht und Profilierungssucht der Täter, die meist eigene Ängste und Verunsicherungen kaschieren und kompensieren wollten, zu brechen.

Was wäre zu tun?
Innerhalb schulischer Präventionsarbeit gegen Mobbing müssten Schülerinnen und Schülern Prozessstrukturen, die Mobbing ermöglichten, verdeutlicht, auch eigene Handlungsmöglichkeiten sichtbar und in Rollenspielen erfahrbar gemacht werden. Auch Gruppennormen müssten diskutiert und eventuell neu definiert werden.
Eine Schule brauche zudem eine Schulkultur der gelebten und erfahrbaren gegenseitigen Wertschätzung und Anerkennung, zudem ein Präventionskonzept, das Bausteine enthalte, die kontinuierlich Handlungskompetenzen aufbauten, um diskriminierendes und unmenschliches Verhalten im Keim zu ersticken.

Was ist also bei Mobbing zu tun?
unverzügliches und entschiedenes Eingreifen und Einstehen für den von Mobbing betroffenen Jugendlichen sowie null Toleranz für den Täter

Was sollten Eltern von betroffenen Kindern tun?
unverzüglichen Kontakt aufnehmen mit der Schule ihrer Kinder (den Klassenlehrerteams, den Verbindungslehrern, den Schulsozialarbeitern, der Schulleitung); Vertrauen in die schulische Arbeit haben und schulische Arbeit unterstützen; das eigene Kind stärken (Selbstbewusstsein und ein sicheres Auftreten entwickeln, Grenzen setzen können.)

Was kann die Schule tun?
unverzügliches Aufarbeiten der Mobbingprozesse in und mit der betroffenen Gruppe

Frau Dr. Kees herzlichen Dank für den gelungenen Vortrag. Frau Pfeiffer herzlichen Dank für die Organisation des Vortrags.