Geschichte

1. Grundidee und Grundprinzipien des Geschichtsunterrichts

„Irgendwie kann ich mich bei Napoleon nicht entscheiden, ob ich ihn gut oder schlecht finden soll.“ (Sophie H., MSS 12)

Auch, wenn es Sophie vor ein Problem stellt: Es ist eben genau diese Offenheit in der Bewertung vergangener (genauso wie aktueller politischer) Ereignisse und Personen, die das Wesen von Geschichtsunterricht ausmacht!
Er ist NICHT das stupide (Auswendig-)Lernen chronologischer und angeblich unvermeidlich logisch aufeinander folgender Ereignisse, er ist NICHT das Nacherzählen einer bestimmten Deutungsweise von Zusammenhängen und Folgen, sondern er zielt darauf ab, ein geschichtliches Bewusstsein zu entwickeln, das sich bei den Schülerinnen und Schülern in einem ständigen Prozess durch eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit selbstständig entwickelt.
Und das sogar in doppelter Hinsicht: Sophies Problem einer Bewertung Napoleons entstand deshalb, weil es sowohl unter den Zeitgenossen des französischen Kaisers (der ja doch eigentlich aus einer Bewegung hervorgegangen ist, die die Monarchie strikt ablehnte!!!) befürwortende und ablehnende Perspektiven auf seine politischen Entscheidungen gab, als auch unter den nachfolgenden Historikern, die sich mit seinem Leben und Werk kontrovers beschäftigten.

An diesem Beispiel lassen sich folglich drei zentrale Prinzipien des Geschichtsunterrichts aufzeigen: die Problemorientierung („War Napoleon der Vollender oder doch eher der Totengräber der Französischen Revolution?“), Multiperspektivität (Welche unterschiedlichen Perspektiven hatten Napoleons Zeitgenossen und vor welchem persönlichen Hintergrund / Interesse / Motiv ist diese Sichtweise entstanden?) und Kontroversität (Welche unterschiedlichen Sichtweisen gibt es in der nachfolgenden historischen Forschung und vor welchem Hintergrund / Interesse / Motiv ist diese Sichtweise entstanden?). Deswegen ist Quellenkritik ein wesentlicher Bestandteil des Faches: Es muss kritisch hinterfragt werden, wer die (Text-, Bild-, Ton-, etc.) Quelle, auf die wir unser Urteil über Ereignisse und Personen stützen, verfasst hat; warum hat die Person das getan? Wie nah / wie fern stand sie den beschriebenen Ereignissen / Personen? Welche eigenen Interessen / Ideale verfolgte sie?

Und erst wenn wir erkannt haben, dass wir unsere Kenntnisse über das Vergangene durch (beabsichtigte, aber auch unbeabsichtigte) Deutungen/Konstruktionen anderer Menschen erhalten haben, dann können wir vor dem Hintergrund umfangreicher Fachkenntnis versuchen, diese Sichtweisen zu (de-)konstruieren und eine eigene Rekonstruktion der Sachverhalte versuchen und somit auch zu einem eigenen Urteil über die Problemfrage (entlang der zentralen Kategorien Herrschaft, Wirtschaft, Kultur/Gesellschaft) zu kommen.
Dann kann / dann muss sich Sophie nach einer gründlichen und fachlich präzisen Abwägung aller Sachverhalte und Vorbehalte vielleicht nicht ganz, aber in der Tendenz doch entscheiden!

Mit der Ausbildung dieser Urteilskompetenz leistet das Fach Geschichte also einen ganz wesentlichen Beitrag für die Entwicklung der Schülerinnen und Schülern zu mündigen und kritischen Bürgern. Die oftmals offensichtlichen Parallelen zu aktuellen politischen Ereignissen, aber auch das mögliche Erkennen von Unterschieden zwischen der beurteilten historischen Vergangenheit und gegenwärtigen Situationen (Gegenwartsbezüge) sollen dazu beitragen, dass die Kenntnisse über das Vergangene bei der Bewältigung gegenwärtiger und zukünftiger Herausforderungen helfen können („Aus der Geschichte für die Gegenwart und die Zukunft lernen“!), denn wir sind Teil und Ergebnis von Geschichte.

Geschichte KAM
Leistungskurs Geschichte der MSS 2014-16 an unserer Schule

 

2. Konzeption, Inhalte und Epochenschwerpunkte
2.1 Geschichte in der Mittelstufe
Mit dem neuen Schuljahr 2016/17 wird im Fach Geschichte (sowie in den beiden anderen gemeinschaftskundlichen Fächern Sozialkunde und Erdkunde auch) für die Sekundarstufe 1 ein neuer Lehrplan eingeführt, der das o.g. Ziel der Entwicklung der „Demokratiefähigkeit“ auch inhaltlich neu gestaltet und sieben epochale Schwerpunkte hat, die sich wie folgt auf die Klassenstufen verteilen:

Klassenstufe 7:
1. Vorgeschichte
2. Antike Kulturen im Mittelmeerraum

Klassenstufe 8:
3. Grundlegung Europas im Mittelalter
4. Frühe Neuzeit als Zeit des beschleunigten Wandels
5. Von den bürgerlichen Revolutionen zu den Nationalstaaten

Klassenstufe 9:
6. Die weltweite Auseinandersetzung um politische Ordnungen

Klassenstufe 10:
7. Die Welt nach 1945

Der Unterricht in der Jahrgangsstufe 8 findet zurzeit epochal statt; bei einem jährlichen Stundenansatz von nur einer Unterrichtsstunde wird das Fach angesichts der inhaltlichen Vielschichtigkeit, die der Lehrplan einfordert, im ersten Schulhalbjahr 2stündig unterrichtet.
Zusätzlich werden in den beiden Doppeljahrgangsstufen 7/8 sowie 9/10 jeweils übergreifende inhaltliche Längsschnitte durchgeführt sowie außerschulische Lernorte besucht (Exkursionen: antike Stätten in Trier, Haus der Geschichte in Bonn; Konzentrationslager Hinzert; Kreisarchiv; Emil-Frank-Institut Wittlich, Cusanus-Hochschule Bernkastel-Kues).

2.2 Geschichte in der Oberstufe
In der MSS wird das Fach Geschichte im Verbund mit den beiden anderen gemeinschaftskundlichen Fächern als Leistungsfach Gemeinschaftskunde mit entsprechendem Schwerpunkt unterrichtet.

2.2.1 Geschichte als Leistungskurs
Das Leistungsfach Gemeinschaftskunde wird mit sechs Wochenstunden unterrichtet. Von den drei beteiligten Fächern Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde muss der Schüler sich für eines als Schwerpunkt mit vier Wochenstunden entscheiden. Beim Leistungsfachschwerpunkt Geschichte tritt jeweils eines der beiden übrigen Fächer mit 2 Wochenstunden im Halbjahr als Zusatzfach hinzu.
Dies sind in
11/1 4 Std. Geschichte 2 Std. Sozialkunde
11/2 4 Std. Geschichte 2 Std. Sozialkunde
12/1 4 Std. Geschichte 2 Std. Erdkunde
12/2 4 Std. Geschichte 2 Std. Erdkunde
13 4 Std. Geschichte 2 Std. Sozialkunde

Ausgehend von der Annahme einer grundsätzlich bereits vorhandenen Basis der chronologischen Abläufe als Orientierungsrahmen will das Leistungsfach Geschichte historische Phänomene stärker exemplarisch vertiefen, reflektieren und in größere Zusammenhänge einordnen. Eine stärkere Öffnung der Thematik und größere inhaltliche und methodische Freiheiten für Lehrer wie Schüler ergeben sich aus dieser Zielsetzung (s. Neugestaltung des Lehrplans). Gleichzeitig erfordert das Leistungsfach damit aber auch eine Schwerpunktsetzung: Dies geschieht durch die Erstellung eines Kursprogramms, das sich mit Blick auf die Chronologie aus den Grundfachanforderungen und den zusätzlichen Themen des Wahlpflichtbereiches ergibt. In diesem Wahlpflichtbereich sind in den Jahrgangsstufen 11 bis 13 zusammen fünf Themen im Bereich „Thematische Vertiefung“ (z. B. Demokratisierungsbewegung in Deutschland im 19. Jahrhundert) sowie je drei Themen im Bereich „Kontroversen/Theorien“ (z. B. Revolutionen und Reformen; Kriegsschuldfrage) und „Übergreifende Themen“ (z. B. Technik und Umwelt; Wandel des Frauenbildes) verpflichtend zu behandeln.

2.2.2 Geschichte als Grundfach
Geschichte als Grundfach wird durchgängig in der gesamten Oberstufe unterrichtet. Die jeweils zugeordneten anderen gemeinschaftskundlichen Fächer verteilen sich dabei wie folgt
11/1 2 Std. Geschichte 2 Std. Sozialkunde
11/2 2 Std. Geschichte 2 Std. Sozialkunde
12/1 2 Std. Geschichte 2 Std. Erdkunde
12/2 2 Std. Geschichte 2 Std. Erdkunde
13 2 Std. Geschichte 2 Std. Sozialkunde

Anders als in der Neugestaltung des Lehrplans für das Leistungsfach orientiert sich das Grundfach Geschichte primär noch an einem chronologischen Ordnungsprinzip, das aber den o.g. zentralen Grundprinzipien verpflichtet ist. (zu den Lernzielen und Inhaltsaspekten s. Lehrplan Gemein-schaftskunde mit Schwerpunkt Geschichte:http://lehrplaene.bildung-rp.de/gehezu/startseite.html)

Insgesamt wird das Fach Gemeinschaftskunde – sowohl im Grundkurs als auch im Leistungskurs – mit seinen Komponenten Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde seiner Idee nach eben ganzheitlich verstanden und durch fachübergreifende und fächerverbindende Unterrichtseinheiten verkoppelt.


Das Plakat verarbeitet und bewertet kritisch in kreativer Form einen Lösungsversuch zur Sozialen Frage: Bismarcks Sozialgesetzgebung als Reaktion auf die prekäre Lage vieler Arbeiterinnen und Arbeiter und deren Familien während der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts.


Beiträge aus dem Fach Geschichte

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