“Mario, Lara, Fortnite & Co.”

Elternabend zum Thema digitale Spiele im Leben von Kindern und Jugendlichen

Im Zentrum des Elternabends standen ganz unterschiedliche Themenschwerpunkte: Daniel Zils vom Pädagogischen Landesinstitut referierte zu Beginn der Veranstaltung die Ergebnisse der JIM-Studie 2016: Computer spielten im Nutzerverhalten bei Jugendlichen im Vergleich zu Smartphones nicht mehr die Hauptrolle, weil Smartphones einfach leichter verfügbar seien. Vor allem Handy-Spiele („Candy Crush“ etwa) oder Online-Spiele seien bei Jungs und Mädchen gleichermaßen beliebt, weniger Konsolenspiele. Dabei gelte uneingeschränkt: Mädchen und Jungs im Alter zwischen 9-19 Jahren spielten unabhängig vom Bildungsgrad mit einer Spieldauer von täglich etwa 87 min (JIM-Studie von 2016), was sich am Wochenende auf mehr als zwei Stunden erhöhen könne. Beliebt seien vor allem Spiele wie „Minecraft“, „FIFA“, „League of Legends“ oder „Clash of Clans“, momentan geschlechterübergreifend das erst für 12-Jährige freigegebene Spiel “Fortnite”, ein ‚Battle-Royal-Spiel‘, bei dem der, der alle im Spiel ausschalte, der Gewinner sei. Allein mit “Fortnite”, ein ‘free-to-play-Titel‘, d.h. ein Spiel, das in der Anschaffung kostenlos ist, hätten die Spielemacher durch die ‘Lute box’, die Spieler zur Aufwertung des Aussehens ihrer Spielfigur kaufen könnten, viele Millionen Dollar Gewinn gemacht. Der Spieler könnte dabei entweder mit seiner Kreditkarte bezahlen, eine Guthabenkarte im Google-Store erwerben oder – und das machten jüngere Kinder oft von Eltern unbemerkt – an jeder Tankstelle schon für kleinere Geldbeträge ohne Altersangabe eine ‘paysafe-Karte’ kaufen, mit der über einen Strichcode online bezahlt werden könne. Der Spielemarkt sei, so der Referent, ein Riesenmarkt, der von den Gewinnmargen her nur knapp unter denen der Filmindustrie liege.

Weitgehend würden PC- oder Handy-Spiele (online oder offline) im eigenen Zimmer, meist unkontrolliert von den Eltern, oder bei Freunden gespielt. Viel spräche bei jüngeren Kindern dafür, eine Art ´Familiencomputer´ im Wohnzimmerbereich aufzustellen, damit das Nutzungsverhalten der Kinder besser von Eltern wahrgenommen werden könne. Klare Vereinbarungen, klare Zeitangaben etwa in Form von Zeitgutscheinen seien sinnvoll. Auch sei es sinnvoll, bei Google ein Familienkonto anzulegen, damit die Eltern wüssten, was eventuell von den Kindern eingekauft werde.
Der Referent informierte die anwesenden Eltern nachfolgend über die Alterskennzeichnungen auf den Computerspielhüllen (http://www.usk.de ) und verwies darauf, dass damit von der USK-Kommission zunächst nur die Erlaubnis an den Hersteller erteilt werde, in Deutschland ein Computerspiel an Kinder und Jugendliche in einem bestimmten Alter zu verkaufen. Ein Hinweis, ob das Spiel dadurch auch pädagogisch wertvoll sei, könne jedoch mithilfe der Altersfreigabe nicht abgeleitet werden. Dies einzuschätzen liege in der Verantwortung der Eltern. Zudem verwies Herr Zils auf die PEGI-Symbole (Pan American Game Information: 3+, 7+, 12+, 16+, 18+), die oft zusammen mit den europaweit benutzen USK-Kennzeichen auf den Verpackungen von PC-Spielen zu sehen seien und durch die Symbolik bereits erste Hinweise auf die Spieleinhalte gäben: Liebe, Gewalt, Spannung, Drogen etwa. Diese Alterskennzeichnungen gäbe es allerdings nur auf physischen Datenträgern (DVDs), die meisten Spiele seien jedoch online erhältlich und somit, an der Altersfreigabe und den Jugendschutzvorgaben vorbei, frei im Internet erhältlich.

Insgesamt ließen sich die auf dem Markt vorhandenen Spiele thematisch in folgende Spiele-Genres einteilen:

´Jump ´n´ Run´-Spiele mit fantasievollen Spielwelten, in denen Hindernisse übersprungen oder Plattformen erklommen werden müssen
Sportsimulationen, in denen eine Sportart, meist mit mehreren Spielern, virtuell ausgeübt werden könne
Actionspiele, die Beweglichkeit und auch Geschicklichkeit erforderten, damit eine Spielfigur gewinnen könne
Strategiespiele, wobei der Computer meist die Rolle des Gegenspielers übernehme, es um Sieg oder Niederlage gehe und die Spielzüge nur mit längerfristiger Planung Erfolg hätten
Adventure-Spiele, die stundenlang gespielt werden könnten, wobei Gegenstände oder auch Informationen gefunden werden müssten, um im Spielverlauf weiterkommen zu können
´Action-Adventures´, in deren Mittelpunkt eine auf Action beruhende Handlung stehe, die vom Spieler das Lösen von Rätseln erfordere
Rollenspiele, bei denen sich der Spieler eine eigene Spielfigur zusammenstellen und mit bestimmten Gegenständen und Fertigkeiten ausrüsten könne, die sich während des Spiels durch das Sammeln von Spielerfahrungen zudem weiterentwickeln könne
Online-Rollenspiele, über das Internet spielbare Rollenspiele, bei denen gleichzeitig mehrere Spieler in so genannten Gilden miteinander spielen könnten. Eine Chatfunktion ermögliche die Kommunikation unter den Spielern. Oft seien diese Spiele kostenpflichtig, oft First-Person-Shooter/Ego-Shooter; mit der USK-Freigabe ab 18 oft brutal, gewaltsam, realitätsnah, in meist dreidimensionalen Spielwelten verortet, in denen anderen Gegner mit Schusswaffen bekämpft werden müssten. Mehrere Waffen stünden dabei zur Verfügung, die Wahrnehmung der Welt geschehe durch die Augen der Spielfigur.

Was macht die Faszination von Spielen aus? Wo liegen die Gefahren?

Möglichkeit zum Rückzug aus der Familie, Vertreiben von Langeweile bei Kindern mit reizarmer Umgebung, Ausleben von Tagträumen und Phantasien, Suche nach der eigenen (Geschlechts-)Identität, Erfahrung von hoher Selbstwirksamkeit, in der die Konsequenzen des eigenen Handelns, der eigenen „Steuerungsmacht“ sofort erlebbar und sichtbar sein, die Ausschüttung von Stresshormonen während des Spiels, von Noradrenalin oder Dopamin bei Spielerfolg, was Stressabbau und ein Glücksempfinden ermögliche: All dies mache die Faszination von Computerspielen aus. Auch Spaß-haben-können, der Wettbewerbscharakter, das gemeinsame Spielen, das interaktiv gemeinsame Erleben und das Leben in einer alternativen Realität seien wichtige Faktoren zur Begründung der Faszination von Rollenspielen. Viele Spieler verwiesen auf Flow-Erlebnisse beim Spielen, bei denen sich die Spielanforderung und die Erfolge/ die Fähigkeit des Spielers im Gleichgewicht befänden. Vor allem die Erfahrung, selbst wirksam sein zu können, sei gerade bei Jungs ein zentraler Anreiz zum Spielen von Computerspielen. Vor allem Jungen erlebten die selbst erschaffene eigene Rollenidentität positiv, auch die Faszination, Macht und Kontrolle über die eigene Spielfigur oder die Spielumgebung zu haben. All dies stehe oft im krassen Gegensatz zur erlebten eigenen Alltagsrealität.
Das Spielen von Computerspielen allein stelle, so der Referent, jedoch kein Risiko dar, sondern erst das Zusammenspiel von Umwelt, Persönlichkeit und Medien sei entscheidend: Erlebe ein Kind Gewalt als Konfliktlösungsmittel zuhause, werde Gewalt auch im eigenen Kulturkreis als legitim und positiv eingeschätzt, könne ein Kind mit dem Spielen eigene Defizite kompensieren, dann könnten Computerspiele durchaus gewalttätiges Verhalten in der Realität verstärken. Sei das kindliche Umfeld jedoch gewaltfrei, eine Vielfalt an Freizeitimpulsen – über das Computerspielen hinaus – vorhanden, könnten Computerspiele allein kein Gewaltverhalten verursachen.

Daniel Zils forderte die anwesenden Eltern dazu auf, sich beim Kauf von Computerspielen an den Alterseignungen zu orientieren, am besten zusammen mit dem eigenen Kind, Computerspiele zu kaufen. Zudem bat er die Eltern darum, mit den eigenen Kindern über Probleme und Gefahren (Kostenfallen, Gewalt, Datenschutz, Sucht) zu reden, den täglichen Computerkonsum zu beobachten und zusammen mit dem eigenen Kind zu regeln. Auch verwies eine anwesende Mutter darauf, wie wichtig es sei, sich für die Computerspiele der eigenen Kinder zu interessieren, um auch in den Augen der eigenen Kinder überzeugender für oder gegen Computerspiele argumentieren zu können. Es sei zudem wichtig – so der Referent – den eigenen Kindern Alternativen zum Computerspielen aufzuweisen: ein gemeinsamer Brettspielabend (z.B.), ein gemeinsamer Ausflug zu Fuß oder mit dem Auto … .
Die Beschränkung des Medienkonsums sollte zudem nicht als Mittel zur Bestrafung von Fehlverhalten eingesetzt werden, denn dadurch würden die Medien für Kinder ungewollt attraktiver.

Zum Schluss der Veranstaltung wurde vom Referenten auf empfehlenswerte Internetseiten verwiesen:

www.klicksafe.de

www.klick-tipps.net

www.games-wertvoll.de

www.spielbar.de   (mit pädagogischen Hinweisen zu Spielen!)

www.spieleratgeber-nrw.de (mit pädagogischen Hinweisen zu Spielen!)

Herrn Zils, vielen Dank für den gelungenen Elternabend!